Wicketkeeper
Shonk
Meritorio Records
VÖ: 16.10.2020
Mit der 2018 veröffentlichten, selbstbetitelten Debüt EP haben die Engländer von Wicketkeeper damals meine Aufmerksamkeit gewonnen. Tracks wie “Moving To L.A.” oder “All My Friends” liefen in diversen Playlisten rauf und runter. Und nicht selten wurde ich gefragt, wer das denn da sei, mit diesem unaufgeregten Gitarren-Pop-Sound zwischen Brit-Punk, Indiepop und Fuzz. Zwei Jahre später steht nun das lange Debüt von Wicketkeeper an. Mit Meritorio Records hat das Trio bestehend aus Ryan Oxley sowie den Brüdern Simon und Alex Morley ein würdiges zu Hause gefunden. Denn das kleine Independent Label aus Madrid ist mehr oder weniger ein Inbegriff für quirligen Gitarren-Pop. Und “Shonk” liefert reichlich davon.
“Shonk” ist quasi ein Easy-Listening-Party-Album. Musikalisch unaufgeregt, total poppig und mit einer charmanten DIY- und Punk-Attitüde ausgestattet. Das bewiesen schon zahlreiche Single-Releases vor “Shonk”. So sind auf dem Album die bereits veröffentlichten Stücke “Ok”, “Spin” oder “Night Night (Whatever)” vertreten. Das tut aber bei insgesamt 14 fetzigen Tracks keinem weh. Abgesehen davon, ist den meisten wahrscheinlich der Wicketkeeper Kosmos noch gänzlich unbekannt. Nun soll das anders werden – jetzt schreiben ja wir darüber. Dabei ärgere ich mich, dass ich mal wieder hinter dem Reviewrelease von The Line Of Best Fit meine Kritik veröffentliche. Nun denn.
Die Knetfiguren auf dem Cover, im Übrigen 14 Stück für 14 Songs, tanzen von der ersten bis zu letzten Minute, eine knappe drei viertel Stunde lang. Songs wie “I Can’t Believe” oder “The Side” sind so unbeschwerlich und easy zu handhaben, dass jede Indie-Disco-Tanzfläche gefüllt bleibt. Hinzu gesellen sich einige Tracks, die etwas mehr Tiefe haben und für Wicketkeeper Verhältnisse nicht nur pur auf Party gestrickt sind – rein musikalisch betrachtet. “Feeling” zum Beispiel, welches am sperrigsten wirkt und an eine Mischung aus We Were Promise Jetpacks und Franz Ferdinand erinnert. Insgesamt gibt es viele Sequenzen die ich mit Bands wie Officals Secret Act, One Two Three Four oder auch die älteren Camper Van Beethoven in Verbindung bringe und was dann wiederum mit dem Wort ‘tanzbar’ äußerst logisch klingt. Die Indiedisco driftet oftmals gekonnt in einen fuzzigen Pop ab.
Der Nachteil des Albums, dass es keinen größeren Peek nach oben gibt, kann aber gleichzeitig ein Vorteil sein. Denn auf der anderen Seite gibt es keine Peeks nach unten. So entwickeln sich dann doch und nach und nach ein paar Highlights: so wie das etwas aufgebrochene “Over And Over”. Oder der Albumcloser “Cigarettes”, das unkonventionell und herrlich alternativ ist. Oder das leicht verschrobene “Modes Breakfast”, bei dem man die von der Band genannten Einflüsse von Pavement und Sebadoh am ehesten heraushört.
Erwähnenswert: das Trio aus London und Margate in England wechselt sich an Gitarre, Bass und Schlagzeug mit nahezu allen drei Mitgliedern ab. Nur die Vocals kommen konstant von Simon Morley. Wer die Knetfiguren tanzen lassen will, kann dies zum Beispiel mit der limitierten Auflage in mintfarbenem Vinyl machen. “Lucy, der Schrecken der Straße”, hätte das hier richtig cool gefunden.