tunic
Exhaling
Artoffact Records
VÖ: 09.04.2021
Mit “Exhaling” veröffentlichen die kanadischen Noiserocker von tunic ihren nahezu kompletten Backkatalog plus drei neue Songs in einer Rutsche. Grund dafür ist das frische Signing beim kanadisch/isländischen Label Artoffact Records. So befinden sich auf “Exhaling” neben den beiden EPs “Disappointment” (2016, Public Tone Records) und “Boss” (2017, Self Released) auch ihr eigentliches Langspieldebüt “Complexion” (2019, Self Sabotage Records). Macht summa summarum 23 Tracks auf höchstem Noise- und Lautstärkelevel. “Exhaling” bietet sozusagen einen Rundumschlag, des hier noch relativ unbekannten Trios aus Winnipeg.
Anfang 2019 wurde ich durch ein, zwei Teaser zum Debütalbum “Complexion” auf tunic aufmerksam. Der ordentlich nach den Landsmännern METZ klingende Sound ist dabei noch eine Spur aggressiver oder sagen wir ungeschliffener. Ausuferndes Geschrei, bis in die Haarspitzen penetrante Riff- und Gitarrenquälereien sowie rotzende und berstende Rhythmusfraktionen bestimmen dieses Noisespektakel. In früheren Songs, das sind auf “Exhaling” die Tracks 5 bis 12, erkennt man eine leichte Post-Punk Attitüde in Struktur und Songaufbau. Der chaotische Noise übertönt aber eigentlich nahezu jedweden musikalischen Einfluss. Das sind dann so vereinzelte Momente, wie das Schlagzeugspiel in “Radius”, das Intro von “Disappointment” oder der Track “Mumbled”. Zwischen Track 13 und 23 versammeln sich dann die Songs des “Complexion” Albums. Mit “Evan” und “Dry Heave” hatten tunic in meinen vergangenen Playlisten hin und wieder einen Platz sicher.
Aufgrund der Länge des Albums, rein von der Stückzahl der Songs her gesehen, finde ich es allerdings schade, dass die bereits veröffentlichten Songs stupide aneinandergereiht wurden und eben wirklich mitreißende Noiseoutputs, wie zum Beispiel die letzten beiden Tracks “Pores” und “Frontal Lobe”, verloren gehen. Denn bei aller Liebe ist die Reizüberflutung angesichts des brachialen Sounds bereits nach einem Drittel von “Exhaling” anwesend. Immerhin gehen so die aktuellsten Songs, der Titeltrack “Exhaling” und die beiden zuletzt digital veröffentlichten Songs “Invalid” und “Fade Out”, angesichts ihrer Pole Postion auf dem Album eben alles andere als verloren. “Fade Out” hinterlässt hier mit griffigem Refrain und packender Dynamik den stärksten Eindruck.
Für den europäischen Markt habe ich bisher keine Vinyl-Order Option entdeckt. So ist “Exhaling” entweder nur über Umwege oder mit hohen Shippingkosten zu ergattern. Von daher ist die These, dass die nicht mehr vorhandenen physischen tunic-Releases der Jahre 2016 bis 2020 mit der Veröffentlichung von “Exhaling” einen gewissen Ersatz bekommen, für hiesige Fans auch wieder hinfällig. Ein frischer und knackiger EP Release, bei dem vielleicht auch ein EU Vertrieb möglich gewesen wäre, hätte der Band in meinen Augen besser gestanden. Warten wir ab was kommt und erfreuen uns erstmal generell des neuen/alten Outputs. Wer weiß, was die Band bei ihren nächsten Liveterminen dann im Gepäck hat.