Tree River
Time Being

Big Scary Monsters
VÖ: 31.03.2022

Als ich das neue Album von Tree River vergangene Woche zum ersten Mal am Stück durchgehört habe, fielen mir vor allem drei Dinge auf. Wie krass gut ist eigentlich diese junge Ami-Band? Wie unfassbar durchdacht klingt hier jeder einzelne Ton? Und was für ein tolles und vielseitiges Album ist “Time Being” am Ende bitte? Gut, dass ich vorm Schreiben dieser Kritik die Bandbiografie gelesen habe.

Denn bei Tree River handelt es sich mitnichten um eine “neue” Band. Vielmehr ist Sänger und Songwriter Trevor Friedman schon seit 2010 unterwegs. Zuerst als Soloprojekt, später dann als die Band, die Tree River heute sind. Beim zweiten Punkt scheine ich hingegen Recht zu behalten. So erzählt Friedman in der Bandbio: “Every single line, every single word, has had a conversation about it.” Das wäre mir als Musiker zwar zu anstrengend, scheint im Falle von “Time Being” aber sehr gut geklappt zu haben. Das Songwriting ist auf jeden Fall ganz hervorragend.

Nun ja, und das ist eben auch der Punkt, weshalb mir dieses Album so gut gefällt. Der Opener “Journey Proud” ist erstklassig gewählt und gibt die Richtung an. Melodischer Emo/Pop/Punk/Rock/Indie, der eben in keine Schublade so richtig passen mag, aber mit Beginn des ersten Refrains sofort begeistert. Das darauf folgende “Laughing With” schlägt in die selbe Kerbe und kann durch die sehr schöne Gitarrenlinie in der Strophe überzeugen. Es macht total Spaß, die Dynamik der einzelnen Songs auseinander zu nehmen. Würde es jedoch so weitergehen, hätten Tree River zwar ein tolles Album aufgenommen, aber wahrscheinlich auf Kosten ihrer Eigenständigkeit. Denn Bands wie zum Beispiel Anxious haben in diesem Jahr auch schon tolle Alben aufgenommen, die in ihrer Gesamtheit einen ähnlichen Ansatz verfolgen.

Tree River verändern aber immer wieder ihren musikalischen Ansatz, was dem Abwechslungsreichtum der Platte extrem zu Gute kommt. Zu Hören zum Beispiel beim ruhigen “Homesick”, das doch recht unerwartet (und recht früh) auftaucht. Auch “Catalyst” bricht samt weiblicher Gesangsstimme (ich nehme an, dass hier die Bassistin Julie Rozansky singt) mit dem Rest des Albums. Hier wird zumindest musikalisch ein Bezug zum Rest des Albums hergestellt, während das darauffolgende “Little Ripper” direkt auf die zwölf gibt.

Das Schöne an Bands aus dem Big Scary Monsters-Umfeld ist, dass man auf der einen Seite weiß, dass man eine gute Gitarren-Band dargeboten bekommt, auf der anderen Seite von diesen keine starren Genre-Grenzen mehr beachtet werden. Ich mag dieses Unerwartete. Ich mag es vor allem, wenn dieses Unerwartete dann auch noch so charmant, poppig und dennoch unverkennbar punkrockig dargeboten wird, wie hier. Musik macht mir seit einiger Zeit wieder mehr Spaß. Das liegt vor allem daran, dass mich Bands wie Tree River musikalisch wieder richtig abholen.

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