Travis
The Man Who (Vinyl-Reissue)

Universal Records
VÖ: 12.07.2019

Als Fan des frühen Brit-Pops bzw. Shoegaze war ich 1999 eigentlich schon fertig mit dem Thema. Die großen Bands der 1990er-Jahre waren entweder schon längst aufgelöst oder veröffentlichten belanglose bis ärgerliche Alben. Auch Travis konnten mich mit ihrem Debüt “Good Feeling” nicht überzeugen. Das änderte sich, als ich die erste Single von ihrem zweiten Album “The Man Who” hörte. “Writing To Reach You“ gehört für mich nämlich bis heute zu den besten Songs, die vom Vereinigten Königreich hier rüber schwappten.

Mit dem Album als Ganzes wurde ich aber zunächst nicht wirklich warm. Der Hype um die Band sowie die totgenudelte dritte Single “Why Does It Always Rain On Me” ging mir ein bisschen auf die Nerven. Dazu kam, dass eben diese Single nicht wirklich der beste Song auf dem Album ist und mit “She’s So Strange” und “Slide Show” zwei eher mittelmäßige Stücke am Ende von “The Man Who” zu finden sind. Also habe ich Travis erst einmal auf Seite gepackt, das lustige (sic!) Britney Spears-Cover zu “Baby One More Time” ignoriert und einfach auf ein neues Album gewartet. Das kam zwei Jahre später und hat mich vollkommen kalt gelassen.

Erst als ich 2004 die “Singles”-Compilation in die Finger bekam, konnte ich mir die Schotten wieder unvoreingenommen anhören. Und damit auch “The Man Who” wieder aus der Plattensammlung ziehen. Ganze fünf Jahre nach Veröffentlichung habe ich schließlich dieses wundervolle Stück Musik so richtig schätzen gelernt. “Driftwood” und “Turn”, die beiden anderen Single-Auskopplungen sind ganz wunderbare Songs und auch das unsägliche “Why Does It Always Rain On Me” entpuppt sich mit etwas Abstand als ganz ordentlicher Song. Okay, “As You Are” bleibt sterbenslangweilig, dafür entwickelte sich “Slide Show” dann doch noch zu einer kleinen Perle am Ende des Albums.

20 Jahre nach “The Man Who” hat die Zeit die großen Alben des Genres und der 1990er-Jahre herausgefiltert. Travis kann man letztendlich nicht in einem Atemzug mit Oasis, Blur oder Radiohead nennen. Aber in die zweite Garde irgendwo zwischen die Stone Roses, The Charlatans und den Stereophonics passen sie ganz gut. Travis haben immer ein feines Händchen für Single-Hits gehabt. Auf Albumlänge dann aber doch immer Füllmaterial verarbeiten müssen.

Der uns vorliegenden Neuauflage auf Vinyl wurde im Vergleich zum damaligen Original nichts hinzugefügt. Einfaches Cover mit den Texten auf der stabilen Innenhülle. Die zusätzlich erscheinende Deluxe-Version kommt, wie die fantastisch aufgemachte “20th Anniversary Edition” von dEUS, mit Bonusmaterial und als Doppel-LP.

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Travis – Writing To Reach You