Tomberlin
At Weddings
Saddle Creek Records
VÖ: 10.08.2018
Mit At Weddings veröffentlicht Sarah Beth Tomberlin, genannt kurz nur Tomberlin, ein beeindruckend reifes und künstlerisches Debütalbum. Die zehn Songs auf dem Album sind trotz ihrer fragilen Note mit Hingabe und Bestimmtheit versehen. Dabei wirkt das Album zwar melancholisch, jedoch hell und nicht düster und klingt eher ehrfürchtig und anmutend. Musikalisch angesiedelt zwischen Julien Baker, Tiny Vipers und Elliott Smith widmet sich Tomberlin, entgegen der Vergleiche zu Vipers und Smith, eher dem Leben, der Suche nach den richtigen Lebensfragen und letztendlich dem richtigen Platz in unserer Gesellschaft.
Die 23-jährige Tomberlin, die mit 19 ihren ersten Song schrieb, reflektiert ihr bisheriges, junges Leben und hinterfragt prägende Dinge der Kindheit wie Erziehung und Glauben. Spärlich instrumentalisiert, nur mit Gitarre, Gesang und einigen Loopeffekten arbeitend, schweben die meisten Songs und umhüllen deine Lauscher in einen klangvollen Zaubernebel. At Weddings entschleunigt total und wenn ich das Wort “Wedding” aus dem Titel herausnehme, sehe ich förmlich Tomberlin auf einer Hochzeit, ihre Songs im Kopf, die hektische Gesellschaft in allen Facetten um sie herum. Hier wird gefeiert, da gelacht, da steht der Pastor, da der verbitterte alte Onkel, da der Cousin, der nicht spricht und da die aufdringlichen Nachbarn – hier ist man verliebt und da vielleicht wieder schroff zueinander. Lebensbeobachtungen. Wenn Musik sowas auslöst, Phantasien entwickelt, dann wirkt und bewirkt diese auch was.
Any Other Way schwingt dich sanft in den minimalistischen Sound von At Weddings ein. Untitled 1 und das grellere Tornado lassen dich danach sofort anfangen zu träumen, versetzen dich in ein, wie ich es gerne nenne, Soundtrackfeeling. Die beiden ersten Videoauskopplungen Self Help und Seventeen sind voller Anmut und Schönheit, trotz ihrer Zerbrechlichkeit. Das Ganze ist nahezu übertragbar auf alle Titel des Debütalbums. Verbirgt das Album doch neben einer positiven Grundfarbe in allen Teilen Einsamkeit, die zum Greifen ist – Isolation in der Gesellschaft und hat zumindest bei mir einen gewissen Wiedererkennungswert. Viele Titel beschreiben Lebensabschnitte der jungen Tomberlin. I’m Not Scared spiegelt die Erfahrungen der nicht vorhandenen Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau und ihre persönlichen Erfahrungen als junge Frau wieder. Das erwähnte Seventeen ist eine wunderschöne Liebesgeschichte, welche mich in Teilen lyrisch an die Weakerthans mit ihrem Song Pamphleteer erinnert. Oder A Video Game, in dem sie einfach nur mal ein Held sein will, der den Menschen etwas Positives übermitteln kann.
At Weddings lässt dich träumen, ist melancholisch hell und voller Hymnen. Ein Album voller wundervoller Songs.