Sounds Familiar
Muscle Function
Self Released (digital)
VÖ: 10.06.2019
Eins vorweg: Sounds Familiar muss man nicht auf dem Schirm haben. Die jungen Herren aus dem Rheinland freuen sich aber einen Ast ab, wenn man sie dennoch kennt. Vor 19 Jahren gründete sich die Band, vor 18 Jahren veröffentlichte sie eine erste und bisher einzige Platte. Nun beförderte sie am 10.Juni diesen Jahres ihre zweite Platte, die neue EP “Muscle Function”, in die große weite Welt und schickt sich an, ihr Bestehen endlich auch handfest fortzuführen. Zumindest fast, denn den Release gibt es erstmal nur digital.
Fünf knackige Emo-Punkrock Songs versammeln sich auf “Muscle Function” und bewirken in erster Linie bei mir eins: Nostalgie. Und das meine ich durchaus positiv. Obwohl vielerorts gesagt wird, man solle nicht stehenbleiben und sich weiterentwickeln, darf man dies hin und wieder auch anders sehen. Nun, wenn wir ehrlich sind, hatten Sounds Familiar bei einer 18jährigen Pause ja gar keine Chance sich richtig weiterzuentwickeln – aber vielleicht will der Fünfer das auch gar nicht. Die Ziele mit 40 sind demzufolge etwas nüchterner gesetzt, als mit 20. Dennoch erhoffen sich Fabio (voc), Patrick (d), Chris (b), Erik (g) und Achim (g) natürlich ein wenig Anerkennung.
Das könnte durchaus passieren, wenn du dich in den Gefilden um Sounds Familiars Einflüsse wohl fühlst: Emorock Vorreiter wie Jimmy Eat World, die Get Up Kids oder Alternativ-Rock Megasellers Foo Fighters werden hier genannt. Musikalisch würde ich etwas tiefer stapeln und Bands wie Favez, Starmarket, Saves The Day oder die Kanadier Four Square nennen, die mir am allermeisten beim Sound von “Muscle Function” ins Gedächtnis gerufen werden. Ich musste beim Bandnamen Sounds Familiar natürlich an die Weakerthans denken, dessen Song “Sounds Familiar” auf deren Debütalbum “Fallow” von 1999 enthalten ist. Fantechnisch passen die Weakerthans hier optimal rein und sicherlich schwirrten beim Songwriting auch einige Riffs von John K. Samson und Co. im Kopf herum. Das aber nur nebenbei.
Die EP beginnt mit dem Track “Rachel” und dieser fungiert als klassischer Opener. Über ein melodiöses Intro krächzt Sänger Fabio mit seiner rotzigen Punkstimme den ersten Vers ins Mikrofon und poltert dann charmant in einen Mitgröhl-Refrain. Von da an versuchen Sounds Familiar in allen Songs das Tempo gleich hoch zu halten und beweisen zwar ihren Touch zum melodiösen und emohaftigen, brechen aber nie komplett im Trübsal zusammen. Dass den Jungs das Comeback sichtlich Spaß macht, kommt auf jeden Fall durch. Der Einschnitt im Tempo im Refrain zu “Try” steht dem zweiten Track auf der EP ganz gut. Ein erster Versuch aus einer gewissen 0815-Struktur auszubrechen. Klar, musikalisch ist hier nichts neu und du merkst den limitiert logistischen Background der Band, zumindest was Sound und Aufnahme angeht. Das sollte aber am rundum griffigen Charakter der EP nicht hinderlich sein. “Once In A While” hat eine schöne hitverdächtige Note und gehört definitiv zu den Songs, die live bei vielen Zuhören die Synapsen zusammenklicken lassen. Im Song “Farside” versuchen Sounds Familiar dann etwas mutiger aus gewohnten Strukturen herauszubrechen. Dadurch wirkt der Track beim ersten Hören nicht ganz so griffig, wie zum Beispiel “Rachel” oder “Try”. Lassen wir den Song aber mehrmals durch den Gehörgang pusten, besitzt auch dieser Qualität und versteckt wohl mehr Punkeinflüsse als zunächst vermutet. Punkige, ja eine fast schon dem Hardcore zuzuordnende Basslinie, gepaart mit Powerpop-Gitarrenriffs und vielen Breaks zerstückeln den Song genauso, wie sie ihn am Ende unterstützt durch saftige ‘Yeahs!’ wieder zusammen bringen.
“Muscle Function” ist kein musikalischer Meilenstein, kann aber für alle Genrefans des Emo- und Punkrock mächtig viel Spaß machen. Ohne viel Geschnörkel und mit ganz viel do-it-yourself Punk. Und um es mit den Worten von “Sounds Familiar” zu sagen: “The first chapters of life almost made us give up altogether / Pushed towards tired forms of self immolation / That seemed so original. I must, we must never stop” – schön, dass ihr wieder da seid und das macht, was euch Freude bereitet.