Unser zu-Hause-Festival ist schon seit mehreren Jahren das Orange Blossom Special in Beverungen. Über früheres Dasein als Fan, über Interviews und Berichterstattungen, sowie Fotos von Musikern und Besuchern hat sich ein Job auf dem sogenannten OBS nie geändert: Musikliebhaber sein. Mach dein Hobby zum Beruf. Während der jährlichen drei Pfingsttage im Weserbergland trifft das wohl auf alle Anwesenden zu. Das im Garten vom Traditionslabel Glitterhouse Records stattfindende Festival ist wie schon in den letzten Jahren ratzfatz ausverkauft gewesen. Seit diesem Wochenende ist nicht nur der letzte Act bekannt, sondern auch der Festivalzeitplan für den zweiten bis vierten Juni wurde veröffentlicht. Grund genug mal hinter das Booking zu schauen und ein Preview zu wagen, was dieses Jahr Richtung Weser hallt.
11:30 Uhr:
SURPRISE ACT

Seit 2011 startet der Sonntag traditionsgemäß mit dem Surprise Act. Die Liste derer, die sich diesen Titel ergattern konnten, kann sich sehen lassen: Washington (2011), The Frictions (2012), Murder By Death (2013),
The Great Crusades (2014), Gisber zu Knyphausen & Kid Kopphausen Band (2015) und Toprus & the Art Directors (2016). Wir dürfen gespannt sein und gleichzeitig freuen wir uns auf einen vollen Glitterhouse Garten um 11:30 Uhr. Wo gibts denn sowas?
12:55 Uhr:
GURR

Gurr haben in den letzten 12 Monaten sicherlich eine wahnsinnige Erfolgsgeschichte abgelegt. Weltweit überschlugen sich die Blogeinträge als ihr Song Moby Dick die Runde machte. Im Oktober letzten Jahres erschien dann ihr Debüt-Longplayer In My Head. Die Wahl-Berlinerinnen Andreya und Laura machen sich nunmehr auf, um auf dem SouthBySouthwest-Festival in Austin, Texas zu spielen, eine große UK-Tour abzuliefern und zum Iceland Airwaves nach Island zu fahren. Zwischendurch gibt es den Stopp im Weserbergland. Der Lo-Fi Indie Sound mischt 90er Cannonball-Attitüden, britischen Post-Punk mit viel Garage inklusive. Gurr selber sprechen von First Wave Gurrrlcore. Ich freu mich tierisch!
14:20 Uhr:
THE DESOTO CAUCUS

The DeSoto Caucus, keine geringeren als die zeitweise Background Band von Howe Gelb’s Projekt Giant Sand, beehren das OBS bereits zum zweiten Mal. Nach ihrem 2013er Auftritt und damals aktuellem Album Offramp Rodeo folgten zwei weitere Veröffentlichungen: Das selbstbetitlte Album The DeSoto Caucus (2014) und die jetzt aktuelle Scheibe 4 (2016). Dabei driften The DeSoto Caucus zwischen Country, Slowcore und Jazzelementen hin und her. Der Glitterhouse Act wird kein Feuerwerk abbrennen, sondern eher für die Feinheiten und kleinen Momente sorgen.
16:00 Uhr:
FABER

Der junge aufstrebende Faber aus der Schweiz wird sicherlich schon recht bald zu “groß” für das OBS sein. Unaufhaltsam stürmt Faber mit seinem poppigen Indiefolk und klaren Texten direkt hinein in die Manege des Musikzirkus. Mit Sven Regener gefärbter Stimmte und Of Monsters And Men aufbrandender Background Band. Die fast schon in Richtung Monolog und mit tiefer Inbrunst vorgetragenen ruhigen Stücke, stellen teilweise den starken Kontrast in Fabers Musik wunderbar dar. Denkend tanzend.
17:10 Uhr und 20:30 Uhr :
GIANT ROOKS

Giant Rooks kommen aus Hamm. Ich kenne Hamm eigentlich nur weil da ein Autohändler meines Vertrauens ist und als Kuppelplattform für den ICE von und nach Berlin. Das wird aber beides den jungen Hammern von Giant Rooks gerecht. Mit zwei EPs (The Times Are Bursting the Lines aus 2015 und New Estate aus 2017) im Gepäck erfährt die Minibühne aufstrebenden Art-Pop-Rock. Giant rooks füllen mittlerweile Läden wie das Gebäude 9 in Köln oder den Wiesbadener Schlachthof. Wundertüte würde ich sagen und für den ein oder anderen könnte es dann wohl doch ne Kuppelplattform werden.
17:40 Uhr:
JULIA JACKLIN

Julia Jacklin, Australierin mit bezaubernder Stimme und anspruchsvollem Indiefolk/Alternative Country. Könnte für denemotionalsten Moment auf dem Festival sorgen. Die ruhigen Songs gehen tief ins Mark. Ihr Debütalbum Don’t Let the Kids Win erschien letztes Jahr. Für Fans von Angel Olsen, Sharon van Etten oder Julien Baker – mit einem Touch mehr Country. LA Dream ist wahrlich ein Traum.
19:20 Uhr:
HEIM

Heim sind großartig. Letztes Jahr konnte ich Heim im Club Scheiße in Köln mir angucken. Laut, Noise und viel Improvisation, jedenfalls wirkt es so, wenn live die Boxen zerbersten. Nach dem der Tag von ruhigen Klängen bestimmt wird und die Akustikgitarre oder die dezente E-Gitarre im Fokus stehen wird, kommen mit dem Trio aus Nürnberg nun wieder vermehrt die Verzerrer ins Spiel. Druckvoll und rockig vermischt sich Grunge mit Post-Punk. Dabei vergessen Heim zu keiner Zeit das Gegenspiel von introvertierten, düsteren leisen Klängen.
21:00 Uhr:
YES WE MYSTIC

Yes We Mystic ist gegen Ende hin nochmal eine Unbekannte. Schwierig einzuschätzen, wie die Kannadier aus Winnipeg ankommen. Elegisch werden viele Songs zelebriert. Die Musik wandelt zwischen Poprythmen der 80er Skandinaviens und hymnenhaften Dramen die Musikgeschichte schreiben können. Live ist das, was z.B. Odessa Steps verspricht, mit großer Sicherheit sehr imposant. Forgiver aus 2016 ist ihr erstes Langspielalbum.
22:40 Uhr:
IMMANU EL

Immanu El in der Nacht beim Orange Blossom – da war doch mal was. Satte fünf Jahre ist das schon her. Damals verzauberten die Zwillinge Claes und Per
Strängberg schon das OBS mit ihren Post-Rock/Dream-Pop Klängen des Albums In Passage (2011) und den atemberaubenden Bildern auf der installierten Leinwand. Doch was erwartet uns dieses Jahr? Nach wahrlich turbulenten 5 Jahren für die Band steht seit kurzem der Nachfolger Hibernation (2016) parat und das bei Glitterhouse Records. Der Sound bedient noch mehr Flächen und noch mehr Träumereien. Das wird ein sehr emotionaler, lauter und sphärenhafter Ausklang. Sehr sehr würdig. Ich glaube da freuen wir uns alle drauf!