Pigeon
Pigeon
Black Verb / Antena Krzyku / Dunkelziffer
VÖ: 17.05.2018
Pigeon lernte ich im Zuge der zusammen mit Girlie veröffentlichten Flennen Sessions und der Split 12″ der beiden Bands, welche via Späti Palace rauskam, kennen. Der noise-schwangere Gitarrensound hatte schon damals viel Wucht und hing lakonisch zwischen Post-Rock, Punk, Noise und Grunge. Lakonisch? Das ganz ist dann doch etwas komplexer als zunächst vermutet. Während die Liveaufnahmen von damals durch Improvements, Dynamik und Hingabe imponierten, kommt das Ganze auf ihrem bereits im Mai veröffentlichten Debütalbum nochmal viel reifer und verschachtelter rüber.
Dabei scheuen sich die Berliner Pigeon nicht, für verdutzte Gesichter zu sorgen. Denn mit ihrem ersten Track wird dir direkt ein 24 Sekunden Noise-Skit um die Ohren gehauen. Der an zweiter Stelle platzierte Song Gaping ist somit der eigentliche Startschuss in das insgesamt 11 Songs umfassende und nur 27 Minuten kurze Debütwerk. Der mir in Erinnerung gebliebene Noise und Post-Punk mit Grunge Einflüssen wird erstmal durch eine Assoziation mit den Crossover Oldies von Senser ergänzt. Gaping hat so ein hüpfendes rhythmisches Schlagezugspiel und so hell quietschende Gitarren, das Tracks oder besser gesagt Strukturen des 94er Klassiker Stacked Up durch den Kopf schwirren. Couches ist seit der Premiere bei den Flennen Sessions fast schon ein Hit und endlich als Studioversion zu hören. Druckvoll, ganz und gar nicht gradlinig und schön verwurschtelt wandelt nicht nur dieser Song, sondern auch das anschließende Ex Pressure durch den Lautsprecher. Eine verzerrte Noisemixtur im Post-Punk Gerüst. Im Herzstück der Platte finden sich die Stücke Nizza und Tiny wieder. Hier wird der Noise etwas zur Seite gelegt und sich mittels Bassläufen und feinen Melodielinien in jedes Alternative-Herz gespielt. Grade Tiny ist äußerst facettenreich und interessant. Und die Qualität und das Entdecken in Tracks wie Lower und Kinn zum Ende der Platte lässt keineswegs nach. Hier wird der elterliche Sonic Youth Einfluss mit aktuellen Protomartyr Effekten vermischt. Wundervoll.
Pigeon ist ein starkes Debüt gelungen. Voller Ideen, mit dynamischem Noise und gefühlvollem Post-Punk. Hier gibt es mit Sicherheit noch viel zu entdecken. Pigeon sollte im Auge und Ohr behalten werden.