Über das Orange Blossom Special Festival muss man eigentlich nicht mehr viel schreiben. Das im Garten von Glitterhouse Records in Beverungen stattfindende Festival steht seit nun mehr 23 Jahren für stilsichere Musik, eine familiäre Atmosphäre und nette und hilfsbereite Menschen. Der Stressfaktor mit anderen Festivalbesuchern ist gleich null. Selbst alkoholbedingte Ausfallerscheinungen halten sich in extremen Grenzen. Das spiegelt sich dann auch an der hohen Anzahl von Familien mit kleinen Kindern wieder.

Hier wird nach wie vor Musik gelebt und jede/r auftretende Künstler/in gefeiert. Das Line-Up in der 23.Auflage des Gartenfestes bei Glitterhouse Records besticht vor allem dadurch, dass es keinen namentlichen Headliner gibt. Das Spektrum der auf der Bühne stehenden Musiker ist breit gefächert und die unterschiedlichsten Genres werden bedient. Ob Country, Folk oder Southern Rock, ob Post-Rock, Noise, Punk oder Garage – das kleine Festival im Weserbergland schafft es immer wieder alles wunderbar zu kombinieren. Der alteingesessene Besucher kann sich auf ein starkes Booking verlassen und vertraut in erster Linie Veranstalter Rembert Stiewe auf sein Entdeckungen, wenn es um Musik geht, die unter dem Radar liegt. Und genau darauf freuen sich Jahr für Jahr die Orange Blossom Gänger und Gängerinnen und lassen sich treiben von der einen Sache, die alles und alle zusammenbringt: der Musik.

In diesem Jahr durfte ich Rembert bereits zum vierten mal auf der Bühne als Moderator unterstützen und insgesamt mein zehntes OBS, so wie es alle eigentlich nur noch bezeichnen, feiern. Neben meiner Tätigkeit auf der Bühne bastelte ich im Auftrag des Festivals kleine Rückblenden-Videos zusammen. Es beginnt mit einem Zeitraffervideo vom Aufbau, weiter unten ist der Freitag, der erste Festivaltag, visuell zusammengefasst.
OBS Rückblick - Teil ZweiOBS Rückblick - Teil Drei

Fotos von Simon Baranowski

Manchmal ist es gar nicht so einfach Musik zu beschreiben. Die Genres vermischen sich mehr und mehr und jeder benutzt dies und das, um aus einem monotonen Rocksong, dann doch etwas spezielles mit Country, Blues und Post-Anleihen zu gestalten. Vielen Stammgästen wird es auch so gehen, dass gewisse Bands und Sounds sofort eine imaginäre Vorstellung vom Glitterhouse Garten geben. Dann ist das Genre schon wieder schnurzpiepe egal. The Yawpers lösten bei mir so etwas aus und bescherten den Besuchern des OBS in meinen Augen genau den richtigen Einstieg. Auch wenn ich die sympathischen Yawpers aus Denver privat nicht auflegen würde, so versuche ich neben der Arbeit die Musik zu genießen und freue mich tierisch, dass es losgegangen ist und der volle Garten richtig Bock auf das OBS und die Musik hat. Die Aufregung legte sich, das Bier schmeckte wieder. Wenn ich da zurück an den Mittwoch vor Festivalbeginn denke und was noch alles nicht fertig war… Crewlove is true love.

Mit Angie McMahon stand bereits als zweiter Act einer meiner absoluten Highlights des diesjährigen OBS auf der Bühne. Schon beim Hallo sagen wurden meine Knie weich. “Hi, I’m Simon, I’m co-hosting on stage. Welcome to Orange Blossom. In case you need anything… just ask. Have fun on stage. Glad that you’re here.” Ob ich das alles wirklich deutlich rüberbrachte? Keine Ahnung. Aber was für eine herzlich normale Ausstrahlung. Die Liveperformance gab mir dann den Rest. Während ich mich mit den ersten Songs noch etwas schwer tat, freute ich mich später umso mehr, als der Groove bei “Slow Mover”, “Keeping Time” und “Pasta” einsetzte. Großartig. Und wer Neil Youngs “Helpless” mit so viel Gefühl covert, punktet eh im OBS-Garten.

Die Schwedin Linn Koch-Emmery lässt es danach wieder krachen. Lauter, als ich gedachte hatte. Koch-Emmerys Alterntive-Rock-Paket lässt an viele Artverwandte Künstler denken und besitzt durch ihr Charisma auf der Bühne ein ganz besondere Ausstrahlung. Ähnlich wie bei The Yawpers tat ich mich aber hier ebenfalls schwer, das Ganze über die heimische Stereoanlage laufen zu lassen.

Fotos von Christina Kania

Zwischen den Bands schlenderte ich mit meiner Kamera übers Gelände. Ich versuchte einige Momente aufzufangen, mir die Leute anzuschauen, das Feeling mitzubekommen und irgendwie auch schauen ob alles in Ordnung ist. Die mit türkischen Wurzeln versehene Kölner Band Kent Coda sang passend zu dieser Situation auf der Minibühne ihren Song “Binlerce insan” und improvisierte ein lässiges “Ti Amo” im Endteil des Songs, um das Publikum mit einzubinden. Immer wieder beeindruckend, wie das Publikum selbst die vermeintlich kleinen Künstler ausgiebig feiert. Um mich herum schien sich alles zur Musik zu bewegen. Ich lächelte von den Zehen- bis zu den übriggebliebenen Haarspitzen. Der Burgerladen läuft, die Mini-Clazone sowieso. Das Angebot im neuen Foodcourt ist nach wie vor von lokalen Ständen geprägt und bietet Herzliches für alle Essensgruppen an. Die Kunst zum Mitmachen der Kölner Künstlerin LADUKA (alias Theresa Herzog) lag etwas abseits. Jedoch wurde das Angebot sich an der großen Holzstruktur im Bau- und Verewigungswahnsinn auszulassen, wie schon im letzten Jahr, gut angenommen. Hinzu kam die von LADUKA präparierte alte Eisbude, die als “OBS In The Box” jeden Tag unterschiedliche Überraschungen angeboten hatte. Am Freitag liessen sich vor allem die Jugendlichen hier aus und daddelten auf der nostalgischen X-Box Mario Cart.

Zurück im Backstage blickte ich auf einmal in nervöse Gesichter. Auch mir wurde die Prognose der Regenradar-App gezeigt. Das könnte knapp werden und Sprüche wie: “Das fällt normalerweise immer in Bad Karlshafen oder Höxter runter” machten die Runde. Doch der lila Fleck, der auf das OBS-Gelände zuwanderte, ließ das Orgateam zwingend die Köpfe zusammenstecken. Und das ab jetzt alle halbe Stunde. Verantwortungsbewusste und erfahrene Crewmitglieder wurden eingeweiht in das, was unaufhaltsam auf Beverungen zusteuerte. Vorbereitet waren wir, aber dass es tatsächlich mal soweit kommt, konnte keiner ahnen. Leidtragender des mitten über Beverungen sich zusammenbrausenden Unwetters, war der aus dem Sudan und in den USA lebende Musiker Sinkane, der nach nur 4 Songs sein dynamisch, tanzbares Set abbrechen musste. Das Wasser kam in Massen vom Himmel, es donnerte und blitzte. Evakuierung. Keine Diskussion. Beeindruckend, wie alle in der Crew den Schalter umgelegt haben und fokussiert waren auf die Sicherheit der Zuschauer und die Sicherung des Geländes (inkl. Zeltplatz). Die Situation war äußerst ernst und aufgrund einer Fortbildung als Blitzschutzfachkraft vor einigen Jahren, wusste ich nur zu gut, was hätte alles passieren können. Ein ausgesprochenes Lob an alle Zuschauer, die zwar manchmal mit Grummeln in die Evakuierungshalle stapften, aber jedoch alle ohne Wenn und Aber den Anweisungen von Feuerwehr, Security und Crew Folge leisteten. Aus allen Aktionen resultierend, waren wir alle heilfroh, dass niemand zu Schaden gekommen war.

Und so wurde der Schrecken mit großem Zusammenhalt überstanden und Adam Angst konnten wie geplant auftreten. Mit dieser Erleichterung waren wohl die meisten in äußerst guter Stimmung und trotzten den letzten Regentropfen mit vollster Energie. Beeindruckt gaben sich Adam Angst von der Gemeinschaft OBS und pusteten mit ihrer Wut im Bauch auch das letzte schwarze Wölkchen hinfort über die Weser. Was für ein erster Tag, der nach mehreren Runden Bier in den frühen Morgenstunden im Beverunger Stadtkrug endete.

Adam Angst – Fotos von Christina Kania

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