Nada Surf
Never Not Together

City Slang
VÖ: 07.02.2020

Ob ich tatsächlich “So Much Love” aufbringen kann, um “Never Not Together” genauso hochzuloben, wie Nada Surfs grandiosen Werke “Let Go” (2002), “The Weight Is A Gift” (2005) oder “Lucky” (2008)? Ich weiß es nicht. Natürlich wäre ein strikter Vergleich zu den alten Meisterwerken grundlegend falsch. Die anfängliche Enttäuschung über die erste Single “Something I Should Do” und die plötzlich aufkommende, wohltuende Freude über die zweite Single “Looking For You” beschreiben ganz gut, in welch einem Dilemma ich mich befinde. Irgendwie werde ich von einem weiteren Popsong zu schnell satt und auf der anderen Seite ergreift dich dann doch wieder dieser musikalische Herzensmoment, der dir eine gewisse Schwerelosigkeit in den Bauch zaubert. Nichtsdestotrotz, Nada Surf gehören zu den bedeutendsten Bands, die ich in den letzten drei Jahrzehnten mit mir rumschleppte. Und um ehrlich zu sein, hab ich ein wenig Angst, dass nach ihrem “You Know Who You Are” Album, die Band sich weiter im musikalisch Belanglosen verirrt.

Letztendlich entscheide ich mich für mein Herz und versuche mich in die Songs hineinzuversetzen. Nach einem ersten Durchlauf bin ich arg enttäuscht. Dabei kann ich gar nicht beschreiben warum. Die fehlende Innovation, der nötige Rock und vielleicht ein etwas druckvollerer Song? So dudeln die Songs eher nichtsaussagend durch die Boxen. Nachdem ich das Album dann einige Tage ruhen ließ und derweil die Welt und die Menschheit mir mal wieder gehörig auf den Senkel gingen, packte ich “Never Not Together” nochmal an. Und prompt empfand ich es so, als wenn ich nun ein gänzlich anderes Album hörte. Plötzlich machte es bei der Hälfte der Lieder klick und mein Herz öffnete sich und bekam dieses wundervolle Nada Surf Gefühl. Wenn du dich kurz unsterblich fühlst, weil dir drei Burschen aus NYC ein perfektes Poprockfeeling geben. Da war mir dann die fehlende Innovation egal – da wirkte einfach “So Much Love” und ganz besonders “Live Learn & Forget”.

Matthew Caws, Daniel Lorca und Ira Elliot wollen mit ihren Songs weiterhin Menschen verbinden – das Gute suchen und in einem hervorrufen. Das haben sie immer schon gemacht. Dabei nutzen die drei nur allzu deutlich ihre Musik um Empathie auszudrücken und vielleicht auch weiterzuvermitteln. Letztendlich kann ich mir nicht vorstellen, dass empathische Menschen Arschlöcher sein können – Nada Surf-Fans schon gar nicht. Und vielleicht ist das die große Herangehensweise, denn wir alle sind niemals nicht zusammen – “Never Not Together”. Über die Message lässt sich streiten. Weh tut sie auf jeden Fall niemanden und wen soll es stören wenn wir Nada Surf-Fans in unserer Popblase einmal unsere Seele streicheln lassen?

“Come Get Me” entwickelt sich besser als gedacht und “Crowded Star” könnte eine schöne Hymne werden. Das braucht aber noch ein wenig. Während hingegen das bereits erwähnte “Live Learn & Forget” ganz großartig im Nada Surf Kosmos funktioniert. Mit “Mathilda” dagegen arrangiere ich mich schwer. Hier sind zu viele Breaks und zu viele Unstimmigkeiten. Ein Singer-/Songwriter Intro mit einem später einsetzenden durchfluteten Rock, der im Hintergrund von einem Synthieteppich getragen wird und wieder zurück zu Bonnie Prince Billy schwenkt – vielleicht mag das das Neue, Innovative sein. Musikalisch läuft “Mathilda” aber in eine ganz andere Richtung, als alles andere vorher auf dem Album. Das macht den Song dann eher sperrig und nicht zugehörig. Auch “Ride The Unknown” lässt sich nach dem zehnten Durchlauf nicht Schönhören. Der Bläserpart wirkt aufgesetzt und es hat den Anschein, als wenn hier was kopiert wird, was früher mal funktionierte. Der Song ist viel zu voll gepackt. Was ein Glück, dass “Never Not Together” eben nur diese beiden Schwachstellen besitzt und sonst keineswegs belanglos klingt. Auch wenn Matthew Caws Sprechgesang in “Something I Should Do” (leicht) zu lang ist, will ich angesichts wachsender Melodien wie in “Crowded Star” mal nicht nachtragend sein. Thanks for your empathy and thanks for always love.

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