Modell Bianka
Kummerland
Eigenvertrieb
VÖ: 03.12.2021
“Wäre ‘Kummerland’ ein Buch, wäre es sicher ein Coming-of-Age-Roman. Schließlich werden wir alle langsam erwachsen, müssen eigene Entscheidungen treffen und bestimmte Lebensstile wählen.” So beschreibt Schlagzeuger Lukas das Debütalbum seiner Band Modell Bianka. Und ich kann sehr gut nachvollziehen, was er meint. Seine eigenen Ideale mit einem Vollzeitjob vereinbaren zu müssen, ist in einem gewissen Alter nicht einfach. Die Band aus Hannover verpackt dieses Dilemma in ein Post-Punk-Gerüst, dass häufig in Richtung ungestümen Indie-Rock schielt. Und auch wenn die Jungs sowohl textlich, als auch musikalisch nicht immer auf dem Punkt landen, so ist “Kummerland” doch ein äußerst spannendes und interessantes Album.
Denn seien wir mal ehrlich. Turbostaat, Love A, und Herrenmagazin, all diese Bands sind sicherlich eine Liga über Modell Bianka anzusiedeln. Das macht aber rein gar nichts. Denn seinen inneren Zwiespalt so klar zu formulieren, wie es Modell Bianka auf ihrem Debütalbum tun, ist wirklich aller Ehren wert. Ich verstehe die Sorgen und das oben benannte Dilemma, so dass ich mich textlich immer wieder abgeholt fühle – mir persönlich immer sehr wichtig. Darüber hinaus finde ich die musikalische Entwicklung von ihrer EP “Kapores” (2018) hin zum nun vorliegenden Album “Kummerland” recht ordentlich. Der Opener “Zerfall” geht gut nach vorne, besticht durch ein wundervolles Zusammenspiel von Bass und Gitarre und funktioniert als Anheizer für dieses Album ganz wunderbar. “Wir… führen… einen… Kampf… gegen… uns… selbst…” singt Sänger Niklas in einer Eindringlichkeit, die einfach richtig Bock macht. Die Single “Im Muster” erinnert dann ein bisschen zu sehr an die oben bereits erwähnten Love A, wobei das gar nicht mal negativ gemeint ist, wird hier textlich doch recht deutlich die marternde Monotonie einer 40-Stunden-Woche abgebildet.
Klar, für Modell Bianka wird es schwer sein, sich zwischen den großen Bands des Genres zu behaupten. Vielleicht sind sie sogar etwas zu spät mit ihrem Debütalbum dran. Aber ganz ehrlich, wer weiß das schon. Denn wer unvoreingenommen an “Kummerland” herangeht und sich dieses ambitionierte und zweifelsohne gute Album anhört, der wird auf jeden Fall großen Spaß daran haben.
Ich habe mich in den vergangenen Wochen wieder etwas intensiver mit aktueller Musik beschäftigt. Und es ist erschreckend, wie selten ich mich da in der jetzigen Situation wirklich abgeholt fühle. Diese sympathischen Jungspunde haben das mit “Kummerland” hingegen geschafft. Und zwischen den ReIssues von Starmarket, Cross My Heart und Saves The Day liegt nun regelmäßig das Vinyl von Modell Bianka auf dem Plattenteller. Ich finde, da passt es auch gut hin.