Minus The Bear
Farewell
Suicide Squeeze
VÖ: 29.10.2021
Satte 26 Songs, verteilt auf drei LPs. Ganz schön massiv wirkt der finale Atemzug von Minus The Bear. Die Live LP “Farewell” ist ein letzter Auftritt des 2001 in Seattle gegründet und 2018 aufgelösten Fünfers. 26 Songs, aufgenommen auf der letzten Minus The Bear Tour durch Nordamerika, der Farewell-Tour. Minus The Bear langjähriges Label Suicide Squeeze Records veröffentlichte den Zusammenschnitt letzten Freitag.
‘I was there’ lautet die Überschrift des Inlay-Textes von Brian Cook, seines Zeichens Gitarrist von Botch und Russian Circles und langer Wegbegleiter und Freund von Minus The Bear. Und da bleibt besonders letzterer Abschnitt hängen, in dem nicht nur stur die Geschichte der Band wiedergegeben wird, sondern Cook sich als Fan erster Stunde outet, Erinnerungen in ihm hochkommen und man diese nun beim Aufsetzen der Nadel teilen und wieder erleben kann. ‘I was there’, kann ich zumindest auch behaupten und immerhin drei Minus The Bear Gigs auf meinem Konto verbuchen. Alle waren gleichermaßen beeindruckend. Qualitativ wohl eine der besten Bands, die ich live erleben konnte. Allen voran erinnere ich mich an meine Begeisterung über Dave Knudsons Gitarren- und Pedalspiel. Ein wahrer Genuss.
Und nun beim Hören: “Cold Company”, “Fine + 2Pts”, “Lemurs, Man, Lemurs” oder noch mehr die Hits “Knights”, “Drilling”, “Throwing Shapes”. Bäm! Nicht oft schafft eine Liveplatte eine fesselnde Wirkung – diese hier schon. Kein Vergleich mit einem Konzert. Dennoch fühle ich jeden Song. Und nicht nur beim finalen Closer, dem immer noch wundervollen “Pachuca Sunrise”, bekomme ich Gänsehaut. “Drilling” katapultiert förmlich zu Beginn der Platte das musikalische Niveau adhoc aufs höchste Level. Mir macht das ab Minute eins einfach totalen Bock – auf die Band und auf die Platte. Generell haben Minus The Bear versucht ihr 17-jähriges Bandbestehen ausreichend abzubilden. Persönlich fehlen mir ein paar entscheidende Songs – letztendlich ist das aber nur ein Luxusproblem. Minus The Bear fokussieren sich auf “Farewell” mehr auf bestimmte Phasen ihres Bandbestehens, als stupide die massenkompatibelsten Songs ihrer Alben aneinanderzureihen. So wird die Anfangsphase der Band, mit denen noch unterm Radar veröffentlichten “This Is What I Know About Being Gigantic” (2001) und “Highly Refined Pirates” (2002), zwar verstärkt abgebildet, dennoch kommen die Phasen des internationalen Durchbruchs mit “Menos El Oso” (2005) und Planet Of Ice (2007) mit der dann geschuldeten erfolgreichsten Zeit, mit “They Make Beer Commercials Like This (2008) und OMNI (2010) nicht zu kurz. Für die zuletzt veröffentlichten Werke um Infinity Overhead (2012) und Voids (2017) wird es dann etwas dünner. Aber die Auswahl zum Beispiel mit “Cold Company” oder “Invisible” ist bzgl. Unterbringung und Dynamik im Set wunderbar.
“Seventeen years sounds like a long time, but once you’re standing on the stage after 17 years, doing this, it doesn’t seem long at all. Every day is this day, tomorrow is just a concept. You have to just be here now. It’s gonna go by as fast as you can imagine” richtet sich Sänger und Gitarrist Jake Snider ans Publikum zwischen den Songs “Spritz!!! Spritz!!!” und “Knights”. Ein schönes Gefühl ist es dann aber, das alles jetzt noch mal live auf Platte zu erleben. Ein gelungener Abschied.
Das dreifach Vinyl kommt im schick glänzenden Gatefold-Cover daher. Ein umfangreiche Dankeswort vom bereits erwähnten Brian Cook im Inlay ist gut und interessant geschrieben. Das Vinyl ist in Opaque Grey, teilweise gemasert und limitiert auf 1900 Stück. Die soweit ich weiß nur in den USA verkauften Varianten Coke Bottle Clear und Opaque Gold (ebenfalls limitiert auf unter 600 Stück) sind ausverkauft und die Version des weißen Vinyls wird zur Zeit nachgepresst und ist wohl nur als Import zu ergattern.