Gefühlt, dröhnt und dreht sich bei mir immer noch alles im Kopf. Und das, obwohl das Lightning Bolt Konzert schon eine Woche her ist. Halleluja! Der Gig der beiden aus Rhode Island stammenden Noise-Spezialisten war definitiv eines der lautesten Konzerte, die ich jemals erlebt habe. Was für ein Abend, auch mit etwas Abstand.
Das neu renovierte und leicht umgestaltete Gebäude 9 in Köln-Deutz präsentierte sich mit deutlich weniger Charme als es das alte abgeranzte tat. Was aber angesichts der noch fehlenden Punkattitüde sowie den frisch gestrichenen Wände, den neuen Brandschutztüren und diverser anderer neuer Anbauten nur logisch ist. Immerhin gibt es eine nagelneue Belüftungsanlage, was dem Club erstmal sehr gut steht. Der Theken- und Vorraum der eigentlichen Konzerthalle ist zudem leider etwas kleiner geworden. Hier müssen die Feste erst noch wieder gefeiert werden. Da ich jedoch am Abend des Konzerts spät dran war, machte ich mich nach einem ersten kurzem Umschauen direkt auf, um vorne an der Bühne zu stehen.
Lightning Bolt, bestehend aus dem Duo Brian Chippendale (drums, voc) und Brian Gibson (bass), gibt es bereits seit über 20 Jahren und mit ihrem aktuellen Longplayer “Sonic Citadel” veröffentlichten die beiden ihr insgesamt achtes Studioalbum. Erst vor ca. 5 bis 6 Jahren wurde ich auf die Noisefanatiker im Rahmen ihrer Death By Audio Kontakte aufmerksam. Durch Mundpropaganda und Videos wusste ich zumindest in Etwa, was mich live erwartet. Nicht jedoch, dass Brain und Brian ihre Verstärker, Effektgeräte, Lautsprecher und Instrumente nicht auf, sondern vor der Bühne platzierten. Das Gebäude 9 wurde quasi zu einem Wohnzimmer-Noiserock-Konzert umfunktioniert. Das Ganze war natürlich für die in den ersten Reihen stehenden Zuschauer ein wahrer Genuss. Der hintere Teil dürfte sich nur an den unbändigen Sounds erfreut haben. Gesehen hat man wohl ab Reihe 3 nichts mehr.
Verstanden haben alle wohl ab Reihe 1 nichts mehr. Das Mikrofon unter der zerfledderten Stoff-Wrestler-Maske von Drummer Brian Chippendale verzerrte so stark, dass der Small Talk, den Brian mit den frontal vor dem Schlagzeug stehenden Fans zwischen den Songs pflegte, kaum zu verstehen war. In den Songs eingebaut, diente das Mikrofon mehr als Soundeffektgerät, als das es tatsächlich als verstärkendes Sprachorgan funktionierte. Während Chippendale brachial und schreiend auf sein Drumkit eindrosch, verhielt sich Basser Brian Gibson introvertiert ruhig. Nichtsdestotrotz wurden auch von seinen Saiten aus, und mehr als üblich, die verzerrten Melodien, Basslines und Akkorde mit einem 5-String Bass durch deinen Körper gejagt. An ein Verschnaufen war quasi nicht zu denken. Froh war derjenige, der Ohrstöpsel dabei hatte.
Von den Songs her meine ich “Blow To The Head”, “The Metal East”, “Air Conditioning” und “Colossus” rausgehört zu haben. Fokus lag vor allem auf den letzten beiden Lightning Bolt LPs “Fantasy Empire” (2015) und “Sonic Citadel” (2019). Entscheidend war aber das Gesamtkonstrukt, das entweder dazu veranlasste sich wie auf einem zerstörerischen LSD Trip zu fühlen und wirr und ekstatisch tanzte oder gespannt und eher faszinierend dem Duo zuschaute. Ich entschied mich für Letzteres und fühlte den Wumms in der Bauchgegend und später, das Fiepen in den Ohren. Ich fand das richtig richtig gut. Für viele sind Lightning Bolt sicherlich längst ein Begriff. Wer aber auf diesen lauten und schrillen, experimentellen Noise zwischen Mr. Bungle und METZ Bock hat, sollte sich ein Liveerlebnis unbedingt antun! Nach einer guten Stunde war alles rum und ich schachmatt vom Hören. Brachial!