Jim Bob
Who Do We Hate Today
Cherry Red Records
VÖ: 20.08.2021
Ziemlich genau ein Jahr nach seinem Comeback-Album “Pop Up Jim Bob” veröffentlicht der ehemalige Sänger und Gitarrist der britischen Indie-Institution Carter USM sein neues Album “Who Do We Hate Today”. Wieder einmal beweist Jim Bob dabei, welch großartiger Songwriter, aber vor allem welch fantastischer Texter er ist. Und auch wenn nicht jeder Song ein Volltreffer ist, als Gesamtwerk funktioniert “Who Do We Hate Today” sehr gut.
Aber gehen wir zunächst noch einmal zurück, ins vergangene Jahr. 2020 erschien nach sieben Jahren das erste Lebenszeichen von Jim Bob, der sich bis dahin verstärkt als Buchautor hervorgetan hatte. “Pop Up Jim Bob” wurde in Großbritannien von Presse und Fans extrem gut angenommen und schaffte es auf Platz 26 der offiziellen Albumcharts, was man als Indie-Künstler ohne großes Marketing-Budget erst einmal schaffen muss. Mit seiner Backing-Band, den Hoodrats, scheint Jim Bob darüber hinaus auch einen guten und für ihn wichtigen Rückhalt gewonnen zu haben, so dass das nun erscheinende Album “Who Do We Hate Today” fast schon ein Selbstläufer geworden ist.
“Imagine a world without airports or cars. I was literally counting and thanking my stars. For a moment or two there was hope in the flu. As the Earth bleeds out. Now getting a tan in Alaska’s a thing. It’s summer in winter and autumn in spring. I get all the news that I need from the weather report. The polar bears roar and the kittens miaow ‘What the fuck are the human beings doing now?’ But the kids are on strike so I share and I like. As the Earth bleeds out.” (“As The Earth Bleed Out“)
Die 12 Songs (das Intro zähle ich einfach mal nicht mit) bestechen mal wieder durch gesellschaftskritischen Sprachwitz und eine ziemlich interessante musikalische Homogenität. Kurze Punk-Songs (“The Earth Bleeds Out”, “Men”) mischen sich mit schwungvollen Indie-Songs mit 1970er-Feeling (“The Summer Of No Touching”, “Song For The Unsung”). Dazu gibt es Carter USM-typische Songs, die man eigentlich überhaupt nicht zuordnen kann, aber eben typisch für die Alben sind, auf denen Jim Bob mitspielt (“#prayfortony”).
Letztlich ist es aber auch auf seinem aktuellen Album so, dass die Lektüre der Texte die Hälfte des ganzen Spaßes ausmacht. Niemand hat so einen giftigen und realistischen Blick auf die gesellschaftlichen Probleme. Dieses mal auch weit über den britischen Tellerrand hinausblickend. Schade, dass es kein deutsches Pendant zu Jim Bob gibt. Gerade jetzt könnten wir hierzulande so jemanden gut gebrauchen.
“Men with the power and no way of controlling it. Headstrong and stubborn and proud. Men with the money, their dicks out and rolling in it. Aggressive and angry and loud. Men in a global pandemic. Seeing the light at the start of the tunnel. And making two hundred million dollars a minute. Men for the win, the poorest of losers. You’ve got to be a cynic to win it.” (“Men“)
Übrigens, das Album kommt mal wieder in verschiedenen Versionen und unterschiedlichen Covern. Das Vinyl gibt es im Gatefold mit Kalender für das kommende Jahr. Zur CD gibt es ein paar Bierdeckel und eine limitierte Kassette darf natürlich auch nicht fehlen. Wie schon bei “Pop Up Jim Bob” hat der gute Mark Reynolds das Artwork entworfen – übrigens auch ein großartiger Künstler.