Jawbreaker
Dear You

Universal Records
VÖ: 29.06.2018

This is a story you won´t tell the kids we´ll never have. If you hear this song a hundred times it still won´t be enough.” (Sluttering (May 4th))

Als ich Ende der 1990er-Jahre nach Bonn zog, um dort zu studieren, hatte ich eigentlich keine große Ahnung von Musik. Mit meiner Band spielte ich Crossover mit einem leichten Hardcore-Einschlag und privat hörte ich Indie-Musik, die damals aber noch unter dem Namen „Alternative“ firmierte. 

In Bonn gab es damals aber eine sehr aktive Musikszene rund um das Label Scenepolice und die beiden Punkrock-Kneipen Bla und Joey´s Appartment. Außerdem gab es dieses neue, angesagte Genre „Emo“. „Emo“, damals noch kein Schimpfwort und klar als emotionaler Hardcore definiert, ging gerade total durch die Decke. Jimmy Eat World, The Get Up Kids, Hot Water Music und auch Boysetsfire waren die Szenegrößen. Dazu Bands wie Brandtson und Starmarket oder deutsche Vertreter wie Pale oder die unterschätzten Lightsome. Ganz ehrlich, für mich als Eifel-Kind war das total spannend, da ich diese Mischung aus Melodie und Rotz extrem geil fand. 

Also habe ich einen eigenen Mailorder gestartet und Platten von Defiance Records und Scenepolice-bei Hardcore-Shows verkauft. Ich weiß gar nicht, ob das in Zeiten vom Internet heute auch noch so ist, aber früher wurde auf den Shows untereinander noch viel getauscht. Und hier ziehe ich dann auch endlich den Bogen zu Jawbreaker. Denn in Aachen drückte mir jemand ein auf CD-R gebranntes Album von Jawbreaker in die Hand – eine Art Greatest Hits-Bootleg der Band aus New York. Und ganz ehrlich, ich habe es geliebt. Das interessante damals, die Band gab es schon seit vier oder fünf Jahren nicht mehr. Und trotzdem war sie immer noch in aller Munde. 

Fast 20 Jahre später sitze ich hier und halte eine Wiederauflage von Dear You auf Vinyl in der Hand. Universal hat die Zeichen der Zeit erkannt und das (für mich) beste Album der Band endlich noch mal auf Vinyl veröffentlicht. Warum auch nicht, die Band um Sänger und Gitarrist Blake Schwarzenbach spielt ja auch wieder Konzerte.

Dear You war damals das vierte und bis heute letzte Album von Jawbreaker und wurde 1995 das erste Mal veröffentlicht. Der Opener Save Your Generation ist schon wirklich grandios. Das darauf folgende I Love You So Much It´s Killing Us Both dann aber wirklich über alles erhaben.

Das Interessante aber, die Band selbst zerbrach an dem Major-Deal, den sie kurz zuvor unterschrieben hatten. Wie schon zur besten Grunge-Zeit veröffentlichten die großen Label im Zuge des Erfolgs von Green Day und The Offspring alles, was sich in der Punkrock Szene schon einen Namen gemacht hatte. Aber gerade bei Jawbreaker sollte das nicht wirklich funktionieren. Bereits im Studio gab es erste zwischenmenschliche Probleme innerhalb der Band, und als sich dann auch noch die Punkszene gegen die Band stellte, war klar, dass es keine Zukunft mehr für Jawbreaker geben kann. Und so kam es auch, dass die Band sich ein knappes Jahr nach Veröffentlichung des Albums auflöste.

In den darauf folgenden Jahren aber erlangte Dear You den Status eines „Klassiker“. Und seien wir mal ehrlich, ein Album, dass mit Songs wie Sluttering (May 4th) oder Jet Black um die Ecke kommt, hat diesen Status auch definitiv verdient. Zumindest bei mir rotiert die Platte seit einigen Tagen wieder non stop auf dem Plattenteller. 

Kurze Produktinfo zum Schluss. Das Album erscheint auf limitiertem hellblauem Vinyl, die Texte sind auf der Innenhülle abgedruckt, aber ein Download-Code fehlt, was natürlich schade ist. Der Sound klingt immer noch authentisch, so dass auch hier einiges richtig gemacht wurde.

JAWBREAKERJAWBREAKER FacebookJAWBREAKER Instagram