Heim
Ws

Tapete Records
VÖ: 26.10.2018

Vielleicht sollte die Platte ja ursprünglich “Fünf Gegen Einen” lauten –  ich weiß es nicht. Und so rätselt man, ob es tatsächlich etwas mit dem zweiten Release einer immer noch bestehende Combo aus Seattle zu tun hat. Viel nahe liegender ist jedoch, dass die Nürnberger Band Heim tatsächlich den Kürzel “Ws” für Wattsekunde verwendet haben, die man auch Joule bezeichnen kann und die die innere Energie oder auch die Wärme als physikalische Größe definiert. Bäm! Das wärs doch. Denn nichts anderes drückt die zweite Platte der Franken auf dem Hamburger Label Tapete Records aus. Sofort schwadronieren dir große Alternative-, Indie- und Noisegruppierungen der 80er und 90er durch den Kopf. Wo verzerrte Gitarrenmelodien das Independent Genre definierten und Bands wie Dinosaur Jr., Wilco oder Pavement nur was für rockende Intelligenzbolzen waren. Tatsächlich bedienen sich Heim an diesem Sound weitaus mehr als noch auf ihrem Debütalbum “Plam Beach”, welches einen Ticken brachialer, rauer war. Das mag an dem damals live eingespielten Album liegen. “Ws” wurde an verschiedensten Orten aufgenommen, Spur für Spur und zu keinem Zeitpunkt war die Band für Aufnahmen gemeinsam im Studio. Dass letztendlich dann doch eine so homogene und herzergreifende Indieplatte entstand, gebührt größten Respekt. Das muss es wohl sein, wenn Musik verbindet und drei Köpfe einer Band über Strukturen und Melodien, über musikalische Ideen im Kopf kommunizieren.

Acht Tracks sind es wieder geworden – so schön wie damals: vier vorne drauf, vier hinten. “Tropisch”, vorab bereits als Stream zu hören, streut schon so viel Wärme in deinen Gehörgang, dass dich Heim kurz nach Aufsetzen der Nadel auch mit ihrem zweiten Album direkt bekommen. Treibend melancholisch werden die Saiten von E bis E, mal runter und mal rauf, angerissen. “Es lässt mich nicht mehr los” heißt es im Text. Simpel übertragbar wächst das Fieber des gitarrenlastigen Indie-Schmuse-Sounds. Es ist wirklich tropisch. Auch das anschließende “Leicht” strahlt diese herzige Wärme aus und wankt sympathisch zwischen Schuldzuweisungen und -eingeständnissen. Selten wurden Zwiespalt und Selbstzweifel so schön verpackt. Im selbstbenannten Track “Heim” und im tobenden “Was Bleibt” erkenne ich noch am ehesten den abgeranzteren Sound von “Palm Beach”. Der Wahnsinns Track “Wieder Hier” entpuppt sich als “Heim”-liches Highlight. Dabei wirkt der Track etwas geglättet im Sinne von Heims Musik. Das unterstützt aber nur den betörenden Faktor. Ich mag einfach diesen eher lustlosen, monotonen Gesang in Kombination mit einer dem Eindruck nach immer leicht dissonanten Verzerrung. Dazu hat das ganze immer Rhythmus. Immer.

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