Half Thought
Half Thought

Self Released
VÖ: 18.03.2019

Das aus Philadelphia kommende Quartett Half Thought veröffentlichte in Eigenregie letzten Freitag ihr selbstbetiteltes Debütalbum. Erst im Februar nahmen Travis Arterburn (g/voc), Tom Anthony (g/voc), Tom Fala (b/p) und Michael Walsh (d) die finalen zehn Songs auf. Was dabei rausgekommen ist, ist momentan eigentlich kaum in Worte zu fassen. So angetan bin ich von Half Thought. In den letzten sieben Tagen erfuhr ich Frische, Vielschichtigkeit und Emotionalität. Das Herz geht einfach auf, wenn ich Songs höre, die nicht nach Schema F geschrieben sind, Raum für Interpretationen lassen und einfach voller Seele sind.

Schon der Opener “Reality World” ist ein smarter Earcatcher, der noch nicht das wahre Geheimnis der Platte lüftet, aber jedem Hörer verdeutlicht in welche Richtung das Album “Half Thought” geht. Die Riffs und Gitarrenmelodien suhlen sich in Gefühlsschwankungen, erfahren ein Auf und Ab und halten dich dynamisch unter Kontrolle. “Black Flag” ist da etwas rauer gegenüber dem Opener und gegen Ende hin auch etwas forcierter. Dem schließt sich “Third Night” an und entpuppt sich glatt als so etwas wie ein Hit auf dem Album. Auch das fantastische “Straight Lane” hat einen bittersüßen Refrainpart und wirkt obwohl der Varianz im Songwriting wie ein eingängiger Indierocksong. Der gefühlsduselige Rock ist getränkt mit Emo- und Punkeinflüssen. Besitzt sicherlich derweil auch entsprechende Einflüsse aus einem Independentsound der 90er. Ich kann mich nicht satt hören. Tracks wie das wundervolle “Everyone Sometimes Leftover” gehen einfach unter die Haut. Das ist melancholisch, das ist einfach schön und entflammt die Liebe zur Musik wieder einmal aufs Neue. Hinzu kommt immer wieder das seicht begleitende Klavier, mal im Intro, wie bei “Script Revisted” als Untermalung des Quotes von Christopher Moltisanti aus The Sopranos, oder im Refrain, wie bei dem angesprochenen “Everyone Sometimes Leftover”. Hier werden Pavement und Wilco Fans mit Freunden neuerer Bands wie Modern Baseball, Dikembe oder Prawn vereint. Ich selbst muss öfter auch an die eher unbekannten The Buddyrevelles denken. Selbst Nada Surf Poprocker finden hier Gefallen an einem rohen, ungeschliffenen Diamanten. Textlich bekämpfen Half Thought persönliche Dämonen aus dem Alltag, der Liebe und der Gesellschaft und versuchen den Nebelschwaden voller Tristesse zu entfliehen – meist in eigene Träumereien, oft aber auch im Anstacheln und Aufmuntern.

Nachdem Travis Arterburns und Tom Anthonys alte Band Clique auseinander ging, fand man sich in Travis Apartment zusammen und schrieb an neuem Material. Vormals an Bass und Drums agierend wechselten die beiden für ihr neues Projekt zu Vocals und Gitarren. Mitte 2018 wurde Half Thought dann mit Tom Fala am Bass und Michael Walsh am Schlagzeug vervollständigt. Das Debütalbum wurde nur binnen fünf Tagen in den Big Mama’s Recording Studios in Philadelphia mit Evan Bernard aufgenommen. Einen Monat später stehen die von Ryan Schwabe (u. a. Hop Along) gemasterten Songs online. “Half Thought” ist vorerst nur als digitaler Release geplant, wir hoffen jedoch auf verdiente Aufmerksamkeit und die Chance diese echt mehr als gelungene Platte irgendwann auch physisch zu veröffentlichen.