Green River
Dry As A Bone / Rehab Doll (Vinyl-Reissues)

Sub Pop / Cargo Records
VÖ: 25.01.2019

Sub Pop Records veröffentlicht die beiden Green River Klassiker “Dry As A Bone” und “Rehab Doll” in einer neu gemixten Vinyl Version. Neben den überarbeiteten Originaltracks der zweiten EP und des eigentlichen Debüts und einzigen Albums von Green River, befinden sich in den beiden Packages noch zahlreiche Demos und Unreleased Tracks. Green River wird allgemein als die Band angesehen, in der ein gewisser Seattle Sound seinen Ursprung hatte. Neben Bands wie Soundgarden, Melvins, Fastbacks, U-Men und Skin Yard waren Green River Vorreiter einer ganzen Generation und beeinflussten den Werdegang einer Szene die Ende der 80er und Anfang der 90er unter dem Namen Grunge Weltruhm erlangte und letztendlich auch daran zerbrach.

Im Zuge meines Fan-Daseins von Bands wie Nirvana, Alice In Chains, Soundgarden und Pearl Jam wollte ich damals schon wissen, woher dieser Sound kam. Ich vermute durch gängige Printmagazine des Independent/Alternative und Metal Genres wurde ich in die Geschichte des Seattle Sounds der Mitte 80er Jahre eingeweiht und lernte neben den Big Four weitere Bands und Musik kennen. Nicht nur die Frühwerke “Bleach” (Nirvana, 1989) und “Louder Than Love” (Soundgarden, 1989), sondern eben auch Musik von Bands wie Mudhoney und Mother Love Bone wurden aufgesogen. Dass die beiden letztgenannten, grundverschiedenen Bands eine gemeinsame Vergangenheit namens Green River hatten, war kaum zu glauben. Mark Arm, Steve Turner (beide später Mudhoney), Jeff Ament, Stone Gossard (beide später Mother Love Bone und Pearl Jam) sowie Alex Vincent bildeten dieses Urgestein. Gitarrist Turner wurde früh durch Bruce Fairweather (später Mother Love Bone) ersetzt.

Fotos: Charles Peterson / Sub Pop

Die 1990 veröffentlichte Kombination von der ursprünglich 1987 herausgekommenen EP “Dry As A Bone” und der 1988er LP “Rehab Doll” war meine erste Green River Anschaffung. Und lange auch die einzige. Denn beeinflusst durch den klar produzierten Seattle Sound der Major Bands, waren die rauen, ungestümen und dreckigen Sounds von Green River zwar interessant und äußerst wichtig im Erweitern des eigenen Musikkosmos, jedoch noch lange nicht dauerhaft hörbar. Nach und nach erst erkannte ich das Unverbrauchte, die Roughness und die Unbekümmertheit, was vor allem auch in Green Rivers Nachfolgeband Mudhoney weiterlebte.

Im Reissue Vinyl-Package der beiden Platten fährt Sub Pop ganz groß auf. “Dry As A Bone”, als damals erster Sub Pop Release veröffentlicht, beinhaltet auf zwei Vinylscheiben 16 Tracks. Also 11 mehr als die Ursprungsversion. Dazu sind alle Tracks neu abgemischt und erklingen in einem wirklich fetten Sound. Wenn ich das Hörfeeling mit dem von damals vergleiche, was ich aufgrund der Zeitspanne und den bis jetzt verlorenen Gehirnzellen wahrscheinlich gar nicht kann, so ist das nun überkommende Gefühl einfach großartig und gar nicht so verkorkst wie anno Anfang der 90er. Das wüste “This Town” erstrahlt unbändig druckvoll, der Facettenreichtum eines “Ozzie”, der Soul von “Unwind” und die Schwere von “Baby Takes” vibrieren laut aufgedreht exzellent. Produzent Jack Endino, selber Kind der Seattle Szene, hat soundtechnisch wahrlich ein Wunder vollbracht. Die teilweise nur noch im Betamax vorhanden gewesenen Aufnahmen wurden quasi wiederbelebt. Dies betrifft vor allem die Aufnahmen der Demotakes und Bonusversionen, wie das über 6-minütige “Bazaar” oder das fetzige “Thrown Up”. Der Band ist deutlich ihre Experimentierfreude anzumerken. Der Wille aus Punk, Hardcore, Rock und Metal etwas Besonderes herauszuholen ist deutlich spürbar. Endino, der zusammen mit Matt Cameron (Soundgarden, Pearl Jam) in der Band Skin Yard spielte und zudem Künstler wie Mono Men, Gas Huffer, Screaming Trees, Love Battery, etc. produzierte, macht mit diesen beiden Reissues von Green River jedem Seattle-Fan ein sehr sehr tolles Geschenk. Mit den Tracks “10000 Things” und “Your Own Best Friend” gibt es zudem die Green River Beiträge zum geschichtsträchtigen Seattle Sampler “Deep Six”. Auf der bei C/Z Records 1986 veröffentlichten Compilation”Deep Six” versammeln sich sechs Seattle Bands (u.a. Soundgarden, Melvins) als quasi Showcase-Platte zur Vorstellung der Musikszene unter dem Space Needle. Ebenfalls wiederbelebt wurde auf dem “Dry As A Bone”-Release die Dead Boys Coverversion “Ain’t Nothing To Do”. Die musikalische Ähnlichkeit zu Mudhoney, alleine schon durch den Gesang von Mark Arm beeinflusst, lässt sich nicht von der Hand weisen. Auch Steve Turners Einfluss auf die frühen Songs sind unverkennbar. Im Gegensatz dazu ist der in den Glam- und Hardrock abschweifende Mother Love Bone/Pearl Jam-Sound kaum bis gar nicht zu erkennen. Einzelne Melodieparts, ruhige Breaks und Schlagzeugparts öffnen ein wenig die Vorstellung, dass hier Ament und Gossard die Finger etwas mehr im Spiel hatten.

Fotos: Sub Pop

Die “Rehab Doll” LP wurde von 8 auf 18 Tracks aufgestockt. Neben den neu abgemischten Versionen der Albumsession aus dem Steve Lawson Studio in Seattle, sind ebenfalls die 8-Spur Aufnahmen aus dem Reciprocal Studio von Jack Endino auf dem Vinyl zu finden. Bis auf “Swallow My Pride” sind diese Versionen alle unveröffentlicht. Green Rivers Hitsingle war Teil des Soundtracks zur Grungedoku “Hype!”. Hier wiederholen sich so gesehen zwar sechs Tracks auf dem Album, da jedoch in der Aufnahmetechnik ein Unterschied besteht, zeigt die Band hier ihren ungehobelteren Sound, wie er damals auch von mir wahrgenommen wurde. Packend wird es auf jeden Fall bei den überarbeiteten Versionen von “10000 Things” und “Hangin’ Tree”, welche beide auch auf der “Dry As A Bone” Platte vorhanden sind, hier aber aus den Albumaufnahmen zu “Rehab Doll” recovert wurden. Mir gänzlich unbekannt war das Aerosmith Cover “Somebody” (B-Seite der ersten Aerosmith Single “Dream On”). Das 1988 auf der “Rehab Doll”-Kassette veröffentlichte David Bowie-Cover “Queen Bitch” beschließt die umfassende Geschichtsstunde des Seattle Sounds. Für Fans sicherlich ein nostalgischer Genuss, der bei den vielen überarbeiteten Versionen unglaublich bockt. Und wusstet ihr, dass Kim Gordon (Sonic Youth) Backing Vocals zu “Sallow My Pride” beisteuerte?

Alle Vinyls kommen in der 180g Version. Die Special Looser Edition kommt dazu im dunkelgrünen (“Dry As A Bone”) und im hellgrünem Vinyl (“Rehab Doll”). Wobei das hellgrüne Vinyl auf den zur Verfügung gestellten Bildern von Sub Pop eher wie pissgelb aussieht. Uns liegt das klassische schwarze Vinyl vor, welches ich nach einiger Zeit des Sammelns von farbigen Vinylreleases wieder bevorzuge. Das Gatefoldcover ist hochwertig verarbeitet und beinhaltet bei beiden Platten ein großes Bandfoto. Auf den Inlays gibt es neben den Lyrics der Originaltracks der jeweiligen Scheiben noch ausführliche persönliche Worte von Schriftsteller Jonathan Evison (“Umweg Nach Hause”, Roman, in Deutschland 2016 erschienen). Evison verbrachte Teile seiner Jugend in Seattle und war Mitglied der Band March Of Crimes, zu deren Mitgliedern auch Stone Gossard und Ben Shepherd (Soundgarden) gehörten. In seinen Worten beschreibt Evison recht passend, wie sich alles damals zusammensetzte. Wie Green River sich alle möglichen Musikstile zu Nutzen machte und wie die Welt, noch bevor Heroin im Kreise der Szene “modern” wurde, aussah. Beiden Platten liegt ein Download-Code bei. Für Mudhoney- und Pearl Jam-Nerds ist das Vinyl sicherlich ein Pflichtkauf. Die Aufarbeitung dieser Seattle-Nostalgie ist auf jeden Fall ihr Geld wert.

Großer Dank an den hiesigen Sub Pop Partner Cargo Records für die Unterstützung. Das Vinyl ist vorbestellbar bei den Freunden von Finest Vinyl:

➤ Green RIver - Dry As A Bone - Limited Deluxe Loser Edition
➤ Green RIver - Rehab Doll - Limited Deluxe Loser Edition

Green River – Dry As A Bone

  1. This Town
  2. PCC
  3. Ozzie
  4. One More Stitch (Bone Bonus)
  5. Unwind
  6. Baby Takes
  7. Searchin’ (Bone Bonus)
  8. Hangin’ Tree (Bone Bonus)
  9. Together We’ll Never
  10. Ain’t Nothin’ To Do
  11. Bleeding Sheep
  12. Bazaar
  13. Thrown Up
  14. This Little Boy
  15. 10000 Things (Deep Six)
  16. Your Own Best Friend (Deep Six)

Green River – Rehab Doll

  1. Forever Means
  2. Rehab Doll
  3. Swallow My Pride
  4. Together We’ll Never
  5. Smilin’ and Dyin’
  6. Porkfist
  7. Take a Dive
  8. One More Stitch
  9. 10000 Things (Rehab Recovery)
  10. Hangin’ Tree (Rehab Recovery)
  11. Rehab Doll (Reciprocal 8-track)
  12. Swallow My Pride (Reciprocal 8-track)
  13. Together We’ll Never (Reciprocal 8-track)
  14. Smilin’ and Dyin’ (Reciprocal 8-track)
  15. Porkfist (Reciprocal 8-track)
  16. Take a Dive (Reciprocal 8-track)
  17. Somebody (Reciprocal 8-track)
  18. Queen Bitch (Reciprocal 8-track)