Girlpool
What Chaos Is Imaginary
ANTI
VÖ: 01.02.2019
Girlpool veröffentlichen mit “What Chaos Is Imaginary” bereits ihr drittes Studioalbum. Seit ihrer beim Bandcamp entdeckten Debüt EP aus dem Jahre 2014, ging es bei Cleo Tucker und Harmony Tividad ganz schön turbulent zu. Und ihr neuestes Werk ist wohl das aufregendste und für mich auch musikalisch zugänglichste. Vergleichen kann man “What Chaos Is Imaginary” mit früheren Werken des Duos nämlich ganz und gar nicht. Vor allem dessen geschuldet, das Tucker nun stimmlich eine knappe Oktave tiefer singt und manchmal mit dieser “neuen” Stimme so herrlich wehleidig ins Mikrofon seuselt. Der bekennende Transgender Cleo Tucker übernimmt in seinem neuen Dasein eine entscheidende und wundervolle Rolle.
Das war schon in den im letzten Oktober veröffentlichten Songs “Lucy’s” und “Where You Sink” zu hören. Das wundervoll schief Alternative erinnert an eine Mischung aus Sandy Alex G und Bright Eyes, an Lo-Fi 90er und an Singer-/Songwriter-Qualitäten eines Elliott Smith. Stets melancholisch, düster und versehen mit einer zarten Disharmonie (“Chemical Freeze”). Ohne Harmony Tividad irgendwie benachteiligen zu wollen, machen für mich eher die Tucker-Songs das Album aus und groß. “Lucy’s” ist immer noch toll und mit den Songs “Hire” und “All Blacked Out” kommen weitere Highlights dazu. Tividad besticht dagegen in den lockeren und sehr gefühlvollen Indiepopsongs “Pretty” und “Lucky Joke”. Obwohl der Sound der Band stets eine Linie fährt, verspürt der Hörer doch eine große Abwechslung. Girlpool klingen ausgewogener und klarer als je zuvor. Einfach spannender. Hinzu kommen so strukturelle Raffinessen, wie das beeindruckende Songwriting und die Instrumentalisierung des Titeltracks “What Chaos Is Imaginary”. Mit einem dezent tragendem Beat, Orgel und orchestraler Unterstützung sowie der sich entwickelnden stimmlichen Gegensätzlichkeit, wenn du zunehmend realisierst, dass Tuckers Stimme hier ebenfalls erklingt.
Während früher Girlpool Songs vom rauen, kantenreichen Gitarrensound profitierten, machen sich Tividad und Tucker nun auf und nutzen die geschaffene Basis, um mit Syntehsizer, Drummachine, Orgel und Orchester einfach fülliger und in Teilen auch griffiger zu wirken. “What Chaos Is Imaginary” schafft dabei ganz wundervolle Momente, auch wenn es hinten raus an Qualität ein wenig einbüßt. Das abschließende “Roses” ist nochmal ein starker Moment. Generell sind die ersten zehn Tracks aber der Teil, der das Album ausmacht.