FRAKTUS sind endlich wieder da. Nach ihren Vorabkonzerten im letzten Jahr und der danach veröffentlichten Dokumentation über das Electro-/Technophänomen aus Brunsbüttel, standen FRAKTUS gestern Abend in der Hauptstadt auf der Bühne, dem “Hannover des Nordens”. Seitenhiebe blieben nicht aus, gegen Berlin aber auch gegen sich selber. Wollen FRAKTUS doch nichts anderes als etwas Positives, was negativ erscheint oder auch gleichzeitig negativ ist, wieder ins Positive zurückverwandeln oder wohlwollender Weise dem Zuhörer und Zuschauer als etwas Positives vermitteln.

Das Konzert, vormals im Festsaal Kreuzberg angesetzt, wurde flux ins größere Astra an die Revaler Str. verlagert. Zu groß war der Ansturm nach der weltweiten Bekanntgabe, dass FRAKTUS wieder da sind. Um ca. 21.30 Uhr gingen die Lichter aus und das Liveerlebnis begann. Auf der Leinwand, im Hintergrund der Bühne, zeigte man zuerst Sequenzen aus dem Dokumentarfilm. Jubel brach aus, gleich unwissend, was denn da auf die Zuschauer im Berliner Astra zukommen würde. Dann betraten Dickie Schubert, Thorsten Bage und Bernd Wand die Bühne. Schwarze Mäntel, grün ausgeleuchteter Gesichtsschutz – Drummachine, Synthesizer, Verzerrer und sämtliches anderes elektronisches Spielzeug zierte die Bühne. Gewagt war der Einsatz des Theremin, welches einst im Jahre 1983 den Untergang von FRAKTUS bedeutete. Die einzigen analogen Instrumente sind Bages Querflöte, ein Becken und das von Bernd Wand malträtierte Blech, welches als Snare-Ersatz förmlich ausgepeitscht wurde.

Untergrund und Kleidersammlung machten den Anfang und heizten gleich zu Beginn mit kräftigen Beats das Publikum ein. Obwohl Rocker, Punker, Techno- und Elektrofans, ja sogar Singer-/Songwriterliebhaber anwesend waren, waren sie zu Beginn der ersten Töne einfach nur noch Eins: FRAKTUSfans. Die Beats und Melodien balancierten zwischen purer Härte und geschmeidigen Klangfarben durch die Boxen. Auf der Bühne harmonierten die drei Norddeutschen mit leicht angerosteten, aber durchweg doch glänzenden minimalistischen Choreographien. Doch das sich die drei Protagonisten nicht immer grün sind merkte man nur zu deutlich in den Pausen zwischen den Songs. Allen voran Unruhestifter und Choleriker Thorsten Bage, der immer wieder Dickie Schubert überrumpeln zu versuchte. Der von einer lieblichen Naivität ausgestattete Schubert konterte, während Bernd Wand als vermeintlicher Mastermind hinter FRAKTUS, sich immer elegant nicht einmischte, oder wenn, nur zaghaft. Bage, der im Film als der Kopf der Truppe bezeichnet wurde, wirkt alles andere als führungsstark, bedient die wenigsten Instrumente und ist mehr mit seiner (nicht) leuchtenden Gesichtsmaske beschäftigt, als alles andere. Aber wahrscheinlich denkt er sich jetzt: Einfach mal Fresse halten, wenn man keine Ahnung hat. Keine Ahnung hatte auch der Zuschauer mit der vermeintlichen Kongozungen-Krankheit und entlockte dem Hypochonder Wand einen kleinen Gefühlsausbruch: “Einfach mal Fresse halten” hieß es auch hier. Nicht jeder bekommt Kongo-Zunge, so viel ist klar. Trotz seiner Schüchternheit, die gleich zu Beginn die ersten Unterhosen und Bärchen auf die Bühne fliegen lässt, schlüpft Dickie Schubert in die Rolle des Frontmanns. Alle drei zusammen sind schlicht unschlagbar. A.S.L. (Affe sucht Liebe) wird in einem neuen, im ersten Moment gewöhnungsbedürftigen Gewand dargeboten. Pogomania und vor allem Jag den Fuchs sind hitverdächtige Renner, trotz ihres Alters. Bombenalarm, eine Anekdote über die Atommetropole Brunsbüttel, rüttelte deinen Magen durch, während Computerliebe, Dickie Schuberts ganz persönliche Schnulze, Herzen aufgehen ließ. Schließlich war Valentinstag. Zum Ende hin verloren FRAKTUS jedoch den Faden. Supergau ist der letzte Höhepunkt den FRAKTUS boten. Die Choreographie war weg, das Chaos begann. Die Pioniere des Techno waren zurück und machten mir, mit der gegen Ende dargebotenen Performace des Alex Christensen Remixes von A.S.L., große Sorgen. Die Dancefloor Sängerin Y-ass betrat die Bühne und wurde von den drei Urvätern als Zukunft von FRAKTUS ausgegeben. Na, da würde ich aber auch Kongo-Zunge bekommen. Dicke Schuberts Sirenensong beendete das Event. Als wolle er es löschen, nahm Schubert sogar das Theremin in den Mund und feuchtete es an. Bage erzählte noch vorher was von einem organisierten Bus, der alle nach Hause bringt, aber dem war leider nicht so.

Wer wollte, sicherte sich Smerkeys, altes und neues Tourposter, FRAKTUS Bonbons, Shirts oder Tassen und nahm so inklusive seiner Erinnerungen einen amüsanten, chaotischen und fragwürdigen Abend mit nach Hause. Bleibt die Frage an FRAKTUS selber: Was kommt jetzt?