DRUG CHURCH
Hygiene
Pure Noise Records
VÖ: 11.03.2022
Mit ihrem 2018er Werk “Cheer” erreichten Drug Church die bisher größte mediale Aufmerksamkeit. Davor war das Sideproject, falls es so überhaupt bezeichnet werden darf, des Self Defense Family Frontvokalisten Patrick Kindlon nur im engsten Umfeld ein heißes Eisen. Der Labelwechsel von No Sleep Records zum größeren Pure Noise Records tat sein Übriges. Der griffige, zwischen Noise, Grunge und Punk-Hardcore angesiedelte Powerrock bescherte den Rest. “Cheer” brachte die Butter schon ordentlich zum Schmelzen. Sperrige Momente waren rar gesät. Der nun in den Startlöchern stehende Nachfolger “Hygiene” geht nun runter wie Öl.
Das mag für Viele zu glatt klingen. Macht aber nach dreijähriger Drug Church-Albumpause, wenn man jetzt die EP “Tawny” von 2021 außen vor lässt, Bock. Die 10 Songs mit ihren 26 Minuten Spielzeit klingen schnörkellos und abermals griffig – bis aufs kleinste Detail. Etwas anderes hatte ich nicht erwartet. Dennoch, etwas mehr Facettenreichtum wäre toll gewesen. So klingt das nun vorliegende Material wenig überraschend. “Cheer” Part II mag da der ein oder andere denken und die Songs könnten tatsächlich aus den Sessions des 2018er Vorgängers stammen. Das mindert natürlich nicht die Qualität. Drug Church gehen nach wie vor schnurstracks auf die Zwölf, machen selten Umwege und finden immer die passenden vier Akkorde, die ineinander greifen. Und die findet ja bekanntlich nicht jeder. Kindlon sagt da passender Weise: “Manchmal sage ich, dass wir Radiomusik machen, die nicht im Radio gespielt werden kann – ich denke, sie ist sympathisch, aber sie ist auch nicht für den Massengeschmack gemacht.”
Die bereits vorab veröffentlichten Songs “Million Miles Of Fun” und “Detective Lieutenant” geben da ein ganz gutes Beispiel ab und beweisen nur zu gut die These, das die Band mit “Hygiene” wohl kaum aneckt. Da sprechen Tracks wie “World Impact” oder “Premium Offer” eine druckvollerere Sprache, ohne in Summe tatsächlich auszubrechen. Nach kurzweiligen 22 Minuten begeistert das knapp vierminütige “Athlete On Bench” hinten raus und entwickelt sich so zu meinem derzeitigen Highlight auf “Hygiene”. Dicht gefolgt von Track Nummer zwei und drei, “Super Saturated” und “Plucked”. Musikalisch geht das alles Hand in Hand und darf im Hintergrund genauso laufen, wie voll aufgedreht. Bisher ohne Umstrukturierung funktionieren Drug Church seit 2011: Sänger Patrick Kindlon, die Gitarristen Nick Cogan und Cory Galusha, Bassist Pat Wynne und Schlagzeuger Chris Villeneuve .
Während musikalisch alles rund läuft, kotzt sich Patrick Kindlon, der immer schon einen guten Spagat zwischen provokant aggressiv, gesellschaftskritisch und verschmitzter Ironie zu Stande brachte, wie gewohnt aus. Da geht es zum Beispiel, wie in “Premium Offer”, um notorische Besserwisser: “Es ist ein sinnloses Unterfangen, Leute in dein Leben zu lassen, die dir nur sagen, wie du dein Leben führen sollst”, sagt Kindlon. “Viele Leute würden dir sagen, wie du leben sollst, aber es ist ihnen eigentlich egal, ob du lebst oder nicht.“ Das verweilt nicht immer nur in einem stupiden Geschrei, sondern findet, wie ebenfalls schon auf “Cheer” festzustellen war, immer wieder melodische Varianten in Kindlons Stimmkosmos. “Wenn man älter wird, merkt man, dass man eine Menge Zeit verschwendet hat. Man hat sich um dummes Zeug gekümmert, und wenn man das merkt, hat man immer weniger Zeit.” beschreibt der Sänger seine Absichten im Song “Million Miles Of Fun”. Hoffen wir, dass “Hygenie” sich nicht als Zeitverschwendung entpuppt und wenn doch, dann war es nicht Patrick Kindlon und Drug Church, die euch das alles diktiert haben.