Irgendwie hat man ja die Vermutung, dass Kanadier mit Bart und Holzfäller-Hemd auf die Welt kommen. Dan Mangan aus Vancouver ist so ein Fall. Er kann gar nicht anders als Kanadier sein: Erstens ist der Mann auffallend sympathisch und zweitens besitzt er eben diese Merkmale, die die Nordamerikaner wohl mit sich bringen. Im Rahmen des Reeperbahnfestivals spielt Mangan sogar zwei Shows. Die Eine am Nachmittag im Platzhirsch am Hans-Albers-Platz im Rahmen des so genannten Canadian Show Blasts (u.a. mit Woodpigeon, Hannah Georgas, The Mountains and The Trees und Evening Hymns) und die Zweite dann später am Abend gute 50 Meter weiter in der Silbersackstrasse in der gemütlichen Hasenschaukel.
Beim Vorabgig im Platzhirsch war die Anzahl der Besucher überschaubar – Presseleute, Freunde und Bekannte aus der Musik- und Konzertszene. Dagegen platzte die Hasenschaukel abends um 22:00h aus allen Nähten. Selbst der Regen machte einigen Besuchern nichts aus und so drückten diese auf Grund des vollen Ladens, ihr Gesicht gegen das große halb beschlagene Fenster. Vier Kanadier standen und saßen zwischen Theke und Sitzgarnitur – samt Akustikgitarren, Kontrabass und Schlagzeug. Es hatte was von einem Unplugged-Konzert, obwohl es keines war. Das Dan Mangan einer der Newcomer hier bei uns in Deutschland in diesem Herbst und bis hin zum nächsten Frühling sein wird, hatte sich offenbar herumgesprochen. Natürlich ist es für Mangan ein großer Vorteil bei Arts & Crafts unter Vertrag zu stehen, das Label des gesamten Broken Social Scene-Clans. Erstmal also wahrlich kein schlechtes Omen. Trotzdem schlägt Arts & Crafts mit der Musik von Mangan eine etwas andere Richtung ein. Der als Singer-/Songwriter gestartete Mangan schleicht sich mit seinem zweiten Album “Nice, Nice, Very Nice” in viele Folk-, Country-, und Akustikrock-Herzen ein. Eingängige Tracks, gepaart mit viel Authentizität und Humor, Charme und Wärme. Etwas weg von dem für manche doch sperrigeren und queren Rock-Sound. Jason Collets Solo Sachen bilden sozusagen die passende Brücke zu Mangans Musik.
Los geht es mit “Sold”, einem Country behaftetem Song. Die markante raue Stimme Mangans schubst die Schaukel sofort richtig an – der Fuß wippt mit im Takt. “You Silly Git” bremst ein wenig aus, aber auch nur was den Rhythmus angeht. Schon jetzt scheinen alle den 27jährigen Kanadier zu mögen. “Road Regregts” wird in einer abgespeckteren, nicht ganz so rockigen Variante gespielt, wie es vielleicht der eine oder andere aus dem animierten Musikvideo kennt. “The Indie Queens Are Waiting” erzeugt zum ersten Mal Gänsehaut. Ein Song, der jeden Arbeitstag bereits nach dem Aufstehen in einen guten Arbeitstag verwandeln kann. Neben einer Mixtour von Songs aus dem aktuellen Album “Nice, Nice, Very Nice” und seinem Vorgänger “Postcards & Daydreaming”, schleichen sich auch ein paar neue Songs ins Set ein, die alle samt für das 2011 erscheinende neue Album geplant sind. Zum Beispiel “Oh, Fortune!”, welches einen zuckersüßen Kleinstadtblues verkörpert oder “Post War Blues”, welches einen nicht aufzuhörenden Steigerungsprozess zu durchlaufen scheint und enorm rockt. Basket lässt träumen und nachdenken während “Some People” zurück zum Country geht und eindeutig mit seinem “Waht do you do when you go home?”-Ending zum mitsingen und mitklatschen animiert. Mit “Robots” hat Dan Mangan aber einen Mitsing- und Wohlfühl-Hit geschrieben, der seines Gleichen sucht! Die erfolgreichsten Melodien sind ja oft die einfachsten. Und so ertönt aus der Hasenschaukel satte dreieinhalb Minuten lang “Robots need love too, they want to be loved by you”. Ohne Worte!
Bei “So Much For Everyone” werden noch mal die Zuhörer der Hasenschaukel mit eingespannt und die “Ohohhohs” und “Ahahahas” erinnern stark an Loney,Dears Mitsing-Gänsehaut-Song “The Meter Marks OK” vom Haldern 2009. Das geht runter wie Öl! “By And By Me” und “Re: Death And Dying” vervollständigen das Set. Nach über einer Stunde endet der Auftritt Mangans in Hamburg, St.Pauli. Das hatte was Besonderes. Mangan bleibt samt Band noch längere Zeit in der Hasenschaukel, unterhält sich mit neu gewonnenen Fans, schreibt Autogramme und genießt den Durchbruch in viele Musikherzen.
Bereits 2009 in Nordamerika erschienen, wird “Nice, Nice, Very Nice” bei uns jetzt erst im Okotber veröffentlicht.