An einem verregneten Freitagnachmittag habe ich Dan Mangan nach dem Soundcheck für seine abends stattfindende Show auf dem Reeperbahnfestival getroffen und konnte mit Ihm ein kleines Interview führen. Für viele noch unbekannt, pirscht sich der Indie-Folk-Rock mit kleiner Singer-/Songwriter Attitüde immer mehr in den Vordergrund. Sein Album Nice, Nice, Very Nice ist im Okotber bei uns erschienen. Grund Genug diesen äußerst sympathisch wirkenden Mann aus Vancouver mal kennenzulernen.

Hey Dan!

Hallo.

Wie fühlst du dich? Bist du zum ersten Mal hier in Deutschland?

Ganz gut, aber etwas müde. Es ist das zweite Mal für mich hier in Deutschland. Letztes Jahr im Oktober war ich schon mal hier. Ich hatte wirklich eine sehr lustige Zeit damals und bin schon seit längerem total froh darüber, dass ich wieder hier bin. Die Leute sind hier alle total nett.

Ach, du hast letztes Jahr auch hier in der Hasenschaukel gespielt?

Ja, genau, aber Solo und nicht wie jetzt mit Band.

Hast du etwas von der speziellen Atmosphäre hier in Hamburg aufgenommen oder besser wahrgenommen?

Absolut. Kai und Allison von hier. Jeder der hier arbeitet und lebt ist super freundlich. So kommt man natürlich gerne wieder an den Ort zurück. Gerade diese eine Hamburg Show letztes Jahr war großartig und ich erinnere mich gerne daran zurück. Hamburg scheint ein gutes Pflaster zu sein.

Für diejenigen, die Dich noch nicht kennen – vielleicht stellst Du Dich mal kurz vor und sagst was für Musik Du überhaupt machst?

Nun, ich komme aus Vancouver, Britisch Columbia in Kanada und ich würde sagen, dass ich zeitgemäßen Indie-Folk-Rock mache. Ich bin in letzter Zeit sehr viel auf Tour gewesen. War in Europa, in Australien und vor allem natürlich in Nordamerika.

Lass uns über dein aktuelles Album reden. Der Titel Nice, Nice, Very Nice hört sich zunächst etwas einfach, platt an. Gibt es da eine Geschichte hinter dem Titel oder ist das einfach eine Steigerungsform, wenn man der Platte wieder und wieder zuhört. Beim ersten Durchgang ist es Nice, bis es letztendlich Very Nice wird?

Nein, da steckt schon was hinter. Der Titel stammt aus einem Gedicht von Kurt Vonnegut, das heißt The 53rd Calypso, aus dem Buch Cat’s Cradle (Katzenwiege), welches unter anderem eines meiner Lieblingsbücher ist. Ich war ungefähr 16, als meine damalige Freundin mir diese Buch schenkte. Ich wurde sofort ein großer Fan von Kurt Vonnegut. Ich liebe seine Art zu schreiben. Vonnegut starb ja vor einigen Jahren und das Album nach einem seiner Verse zu benennen kam mir sinnvoll vor. So eine Art Tribute für ihn und seine Arbeit.

Nett, sehr nett.

Ja, und unter anderem ist der Titel auch ganz schön catchy.

Warum hast du das Profil der Queen für dein Cover ausgewählt und haben der Blitz und der Frosch-Ohrring irgendeine bestimmte Bedeutung?

Das hängt mit dem Gedicht zusammen. Das geht so:

Oh, a sleeping drunkard
Up in Central Park,
And a lion-hunter
In the jungle dark,
And a chinese dentist,
And a British queen –
All fit together
In the same machine.
Nice, nice, very nice;
Nice, nice, very nice;
Nice, nice, very nice –
So many different people
In the same device.

Ich habe dieses Gedicht meinem Kumpel Collin geschickt, der das Artwork machen sollte. Er pickte sich das Bild der Queen aus dem Gedicht heraus. Zudem ist die Queen auch auf unseren Geldmünzen zu sehen. Das mit der Queen fiel ihm halt direkt auf, als er das Gedicht las. Und das kam dann heraus. Er hat alles so aus Scherenschnittpapier gemacht, alles ausgeschnitten mit der Hand. Das mit dem Blitz und dem Frosch war seine eigene künstlerische Freiheit.

Wieviel Dan Mangan steckt in Deinen Songs? Wenn ich mir The indie Queens are waiting oder Basket anhöre erscheinen sie mir sehr persönlich.

Ja, natürlich. Da ist schon ein bisschen von mir drin. Viele Songs auf dem Album reflektieren die Realität in meinem Leben. Ich habe viel unterwegs auf Tour geschrieben und Sachen erlebt, die mich beeinflussten. Ich war nicht zu Hause. Dann denkt man mehr über sich selber nach, über seine Familie, über die lieben Menschen um einen herum. Viele persönliche Erfahrungen wanderten so in die Songs mit ein. Manchmal dachte ich, dass es zu persönlich sei, aber die Erfahrungen die ich machte, erschienen mir dann wiederum ziemlich identisch mit den Erfahrungen, die auch andere in ihrem Leben machen können. Es ist übertragbar auf viele andere Menschen.

Was ist der Unterschied von Nice, Nice, Very Nice zu deinem ersten Album Postcards & Daydreaming? Beim Hören habe ich es so empfunden, als wenn Postcards & Daydreaming ein wenig komplexer ist als Nice, Nice, Very Nice.

Ah, das ist interessant. Ich dachte immer es wäre genau anders herum. Postcardss & Daydreaming ist einen ticken persönlich. Mehr über mich. Da ist meine Stimme mehr im Vordergrund. Jetzt habe ich versucht mich etwas in den Hintergrund zu rücken und den Song stärker wirken zu lassen. Größere Instrumentierung und Arrangements – viele Kleinigkeiten zusammenstecken und kombinieren. Beim ersten Album war ich noch ein junger Songwriter. Es ist melancholischer und beschaulicher.

Also reflektiert es mehr deine Person?

Absolut. Beim zweiten Album wollte ich aus dieser Singer-/Songwriter Schiene etwas heraus. Also schrieb ich ein paar Songs und versuchte die besten Musiker aus der Umgebung für mich zu gewinnen. So wollte ich die Songs halt mehr wirken lassen und nach vorne pushen.

Wie hast du denn die Leute von Arts & Crafts getroffen? Ist das ein Vorteil bei dem wohl grade bekanntesten und angesagtesten kanadischen Plattenlabel unter Vertrag zu stehen?

Ach, diese Leute sind einfach fantastisch. Ich bin sehr sehr glücklich über diese Zusammenarbeit. Nun, es hat sich einfach automatisch so entwickelt. Du bist auf Tour und trittst hier und da auf. Dadurch triffst du einfach Leute, durch die wiederum lernst du andere kennen und so weiter. So habe ich irgendwann die Arts & Crafts Leute getroffen. Es machte dann für alle Beteiligten Sinn zusammen zu arbeiten. Die sind echt wunderbar und sie verstehen ihren Job ausgezeichnet. Die haben ihr Herz am rechten Fleck.

Hast Du schon für die Zukunft weitere Tourpläne, auch was Deutschland anbetrifft?

Definitv! So wie es ausschaut, wollen wir im Frühling 2011 wieder nach Deutschland kommen. April, Mai vielleicht.

Nice, Nice, Very Nice gibt es ja schon seit 2009. Erst jetzt im Oktober wird es bei uns hier in Deutschland veröffentlicht. Demnach müsste es doch bestimmt auch schon wieder neue Songs geben, oder?

Die gibt es. Wir wollen im Dezember ins Studio gehen und die nächsten Aufnahmen starten. Da bin ich wirklich aufgeregt. Es gibt viel neues Material.

Werden wir ein paar neue Sachen nachher hören?

Oh ja. Wir werden ein zwei neue Songs mit Sicherheit spielen.

Ich habe dich bei youtube in einem Video mit dem kanadischen Singer-/Songwriter Aiden Knight gesehen. Gibt es noch andere Künstler mit denen du zusammen gearbeitet oder performed hast?

Ja, es gibt so viele großartige kanadische Künstler. Mit Said The Whale habe ich was zusammen gemacht. Die kommen auch aus Vancouver. Mit Shayne Koyczan habe ich auch was gemacht. Spoken Word macht Shayne, er war auch bei der Eröffnungszeremonie der Olympischen Winterspiele in Vancouver zu sehen. Marc Berube aus Montreal noch… Auf meinem Album sind viele Künstler mit dabei. Veda Hille ist eine Legende in Vancouver zum Beispiel. Als ich das Album aufnahm versuchte ich die ganzen Talente der Leute einzusammeln.

Kommen wir zu den letzten beiden Fragen: Was liest du zurzeit? Und was für Musik läuft grade bei euch im Tourbus?

Ich lese sehr gerne aber zur Zeit lese ich weniger als ich eigentlich möchte bzw. kann. Ich liebe Bücher. Die Leute sollten sowieso mehr lesen. Ich habe Literatur studiert. Aber zum Lesen komme ich grade selber nicht. Im Tourbus läuft grade Jazz, Edgar Meyer, ein Kontrabassspieler. Dann das neue Arcade Fire Album und Broken Social Scene. Mehr fällt mir gar nicht ein grad.

Alles klar. Besten Dank für Deine Zeit und viel Spaß heute Abend.

Danke. Gern geschehen. Hat mich gefreut.