Daily Thompson
Oumuamua
Noisolution
VÖ: 21.08.2020
Irgendwie bedeuten Daily Thompson für mich immer ein gewisses freies und unbekümmertes Lebensgefühl, ja wenn nicht so gar eine Art anarchistische Urgwalt, die diese Musik gleichermaßen aus Bauch und Herz ausdrückt. Natürlich lässt sich alles bequem unter dem Deckmantel Rock eintüten. Doch das Enfant Terrible aus Dortmund verwurschtelt mit ihren Möglichkeiten weit mehr. Grunge, Garage, Blues, Psychdelic, Noise, Desert und nicht zuletzt Stoner – eine Entwicklung, die hörbar ist und in ihrem neuen Werk “Oumuamua” ihre aktuellste und frischeste Sperrspitze scharf macht.
Bereits Anfang 2020 überraschte die Band mit einem 3-Track Output auf einer Split EP mit der Italienerin Elli de Mon. Ein erster Fingerzeig, in welche Richtung es auf “Oumuamua” geht. Denn mit “Slow Me Down”, “On My Mind” und “Cosmic Cigar” sind hier drei Rohvarianten der letztendlichen Albumversionen enthalten. Die Menge Freude und Dröhnung, die Daily Thompson mir im Januar mit diesen Songs verabreichte, wird also nun mit vier weiteren, frischen Songs auf “Oumuamua” aufgefüllt. Dass das Ganze Konzept besitzt und nicht nur als Vervollständigung gilt, braucht nicht viel Beweise. Der gleich zu Beginn sich entfaltende elfeinhalb Minuten Trip von “She’s So Cold” lässt jegliche Auffüll- und Lückenbüßergedanken ad acta legen. Viel mehr noch ist es erfreulich, dass aus dem Schatten des Hauptsongschreibers Danny Zaremba, Bassistin Mercedes Lalakakis als maßgebliche Influencerin hier in Erscheinung tritt. Ein vernebelter Soundtrack zu einem weiteren Mallory & Mickey Knox-Film. Sowas finde ich großartig, hier kann ich mich fallen und auffangen lassen. Eine ähnliche Wirkung erzeugte damals schon “Cosmic Cigar” und wirkt in der aktuelleren Fassung noch griffiger und klarer. Und das erinnert zusammen mit dem sehr gelungenen “Slow Me Down” nach wie vor an die selbe Liga, in der The Black Angeles, Wovenhand oder Black Rebel Motorcycle Club spielen. Mit “Sad Frank” und “Half Thompson” unterbricht die Band gekonnt die teilweise episch dargebotenen Stonertrips mit schon klassischen Daily Thompson Rockern. Die Akustik Nummer “River Of A Ghost” bildet einen tollen Abschluss und unterstreicht weitere nicht von der Hand zu weisende Einflüsse, die sich irgendwo zwischen Mark Lanegan und Layne Staley ansiedeln.
Bei dem Anblick des angehauchten 70er Jahre Weltraum-Covers und des sich kurzerhand angeeigneten Wissens, was es mit dem Albumtitel “Oumuamua” überhaupt auf sich hat, wird aus dem fetzigen Stoner dann auch noch irgendwie ein lässiger Spacerocker. Ganz schön abgespaced. So wurde “Oumuamua” 2017 als ein interstellares Objekt identifiziert und bekam aufgrund seiner Form den Spitznamen “Cosmic Cigar”. Wir zählen also kurz eins und eins zusammen. Dieses ganze Mysterium, nebst der Prophezeiung, dass hier Aliens am Werke gewesen sein sollen, schreckte die Labelbetreiber von Noisolution aber nicht zurück, hier zuzugreifen. Glaubt man den Aussagen des renommierten Indielabels, kommt hier endlich zusammen, was zusammen gehört und was schon längst überfällig war. Während die interstellare Zigarre sich wieder auf dem Weg aus unserem Sonnensystem macht, holen also Daily Thompson ihre brandneue Vinyl heraus und katapultieren uns sozusagen “Zurück in die Gegenwart” und ziehen damit sogar vielleicht den ein oder anderen neuen Fan in ihr Lager. Das ganze ist äußerst betörend, psychedelisch und beinhaltet eine äußerst authentische Art und Weise des gut gepflegten Rocks.