Cross My Heart
Self Titled / Temporary Contemporary (Vinyl-Reissue)
Steadfast Records
VÖ: 01.10.2021
Es gibt wohl kaum ein Album, das mich so geprägt hat, wie die Compilation “Records For The Working Class, Vol. 2” von Deep Elm Records. Diese unscheinbare CD im Pappschober wurde mir Anfang 2000 vom Bonner Mailorder und Label Scenepolice in die Hand gedrückt und veränderte mein Leben. “Blindspot” von Brandtson, “Hate You Still” von Starmarket oder “Head In The Sand” von Pop Unknown wurden zu dem Soundtrack meiner Studienzeit und blieben es bis heute. Was das mit Cross My Heart zu tun hat? Nun, deren brilliantes “It Doesn´t Take That Many Pills To Sleep Forever” ist der Opener dieser zeitlosen Zusammenstellung und für mich einer der besten Emo-Songs aller Zeiten.
Wie viele andere Bands auch mixten Cross My Heart Elemente aus Punk, Hardcore und Indie zu einer eigenwilligen Mischung, die man dann eben ’emotionalen Hardcore’ nannte. Und das war ja auch völlig unpeinlich, bis das Genre mit schwarzen Fingernägeln und Metalcore-Gegrunze in Verbindung gebracht wurde. Aber eigentlich ging es den Bands damals nicht um irgendwelche Genre-Bezeichnungen. Und so präsentierten sich Cross My Heart auf ihrem selbstbetitelten Debütalbum ziemlich schnörkellos. Der Opener “Dornier” startet mit einem einfachen Gitarren-Picking, dass dann ein wenig konträr zur Rhythmusgitarre weiterläuft. Der Bass wummert präsent im Hintergrund und auch das Schlagzeug setzt nur punktuell Akzente, ohne sich dabei in den Vordergrund zu spielen. Ein perfekter Start, um eine Band kennen zu lernen. Im Anschluss dann der oben genannte Knaller “It Doesn´t Take That Many Pills To Sleep Forever”, der sich solange aufbaut, bis er am Ende regelrecht eskaliert. “And I’m moving on my own two feet. Just to get my direction. And the movement of my own two eyes. Catch a reflection of me alone.” Bis heute kriege ich eine Gänsehaut, wenn ich diesen Song in voller Lautstärke höre.
Was mich damals so begeistert hat, war diese für mich neue Art der Dynamik und des Zusammenspiels der beiden Gitarren. Das haben Cross My Heart mit vielen Bands dieses Genres und dieser Zeit gemein. Auf ihrem zweiten Album “Temporary Contemporary” perfektioniert die Band diese Dynamik und schüttelte mit “Tonight We´ll Light Ourselves On Fire” und “Paris” zwei weitere Hits aus dem Ärmel. Und auch wenn sie die Magie des Debütalbums nicht noch einmal in der Brillanz reproduzieren konnten, ist “Temporary Contemporary” ein ausgesprochen gutes Album. Es wäre interessant gewesen, wie sich die Band weiter entwickelt hätte. Aber die Band löste sich nach nur zwei Alben und zwei weiteren EPs Anfang der 2000er-Jahre auf.
20 Jahre später veröffentlicht nun das stilsichere Indie-Label Steadfast Records die beiden Alben der Band aus Baltimore erneut auf Vinyl. Und wenn man sich anschaut, wie schnell Teile der jeweils auf drei Farben erscheinenden Neuauflagen vergriffen waren, scheint es immer noch genügend Fans der Band zu geben. Das heißt aber auch, dass der geneigte Hörer nun schnell sein sollte. Es sind nur noch wenige Exemplare übrig. Wie immer leider nur auf Importwege erhältlich und damit nicht ganz billig. Vielleicht findet sich ja mal ein Vertrieb für Deutschland. Meinen Geldbeutel würde es sicher gut tun.