Brandtson
Hello, Control (Vinyl-ReIssue)
Steadfast Records
VÖ: 26.08.2022
Als Brandtson 2006 ihr Album “Hello, Control” via The Militia Group veröffentlichten, war ich maximal enttäuscht. Die Grundausrichtung der Band hatte sich bereits beim Vorgängeralbum “Send Us A Signal” in Richtung Indie-Rock entwickelt. Mit “Hello, Control” sollte es zudem tanzbarer werden, womit ich damals nicht so richtig viel anzufangen wusste. Nun, 16 Jahre später, veröffentlicht Steadfast Records das letzte Album von Brandtson auf Vinyl – und ich bin ernsthaft überrascht, wie gut es gealtert ist.
In der Tat ist es so, dass mich damals die Single “Nobody Dances Anymore” extrem irritiert hatte. Der Beat, die elektronischen Spielereien und das dazugehörige Video fand ich damals dermaßen blöd, dass ich mich richtig schwer tat, dem Album etwas Positives abzugewinnen. Hinzu kam, dass mich auch andere Songs, zum Beispiel “Denim Iniquity” mit seinem stampfende Beat, überhaupt nicht erreichten. Dass sich die Band kurze Zeit später auflöste, kam für mich damals nicht wirklich überraschend. So leid es mir tat, die Geschichte von Brandtson schien zu Ende erzählt.
Vor einigen Jahren fing Gitarrist Matt Traxler an, mit seinem Label Steadfast Records die Alben von Brandtson erneut auf Vinyl zu veröffentlichen. Zum Teil mit neuem Artwork oder Bonusmaterial war das für Fans wie mich natürlich eine tolle Sache, hatte ich Anfang der 2000er-Jahre doch nicht alle Alben der Band auf Vinyl gefunden (bzw. es gab sie hierzulande gar nicht). Mit “Hello, Control” ist nun also das letzte Album des Quartetts aus Cleveland an der Reihe. Und auch hier spendiert Steadfast ein neues wirklich schönes Artwork und verschiedene zum Teil sehr limitierte Vinyl-Versionen.
Nachdem ich das Album eigentlich immer gemieden habe, bin ich momentan beim Hörer der einzelnen Stücke ziemlich überrascht, dass ich nach mehr als 15 Jahren ganz offensichtlich meinen Frieden mit dem Album gemacht habe. Das eingangs besprochene “Nobody Dances Anymore” wirkt viel frischer und tanzbarer, als ich es in Erinnerung gehabt habe. Das darauf folgende “Eartquakes And Sharks” ist ein toller Ohrwurm (mit fast 2 Millionen Klicks auf Spotify – der Teenie-Serie O.C. California sei dank – zudem der wohl bekannteste Song der Band) und mit “Tapping The Vain” ist ein ganz wundervoller Hit in mitten des Albums platziert.
Ich weiß noch, wie ich mich damals kritisch mit anderen Fans der Band aus meinem Freundeskreis unterhalten habe, die “Hello, Control” schon damals ziemlich abgefeiert haben. Bei mir hat es halt ein paar Jahre gedauert, bis ich die Magie des Albums verstanden habe. Dafür höre ich seit einigen Tagen kaum etwas anderes. Und während ich diese Zeile tippe bekomme ich während des großartigen “Parallels” eine Gänsehaut, einfach nur, weil ich den Song so wundervoll finde und Brandtson es auch nach so langer Zeit schaffen, mich immer wieder zu begeistern.
Klar, am Ende gibt es weiterhin Stücke, die ich schwierig finde. “Denim Iniquity” mag ich bis heute nicht, “Stop Machine” haut mich auch nicht so richtig aus den Schuhen und “Lie To Me” benötigte einige Anläufe, bis ich es im Albumkontext verstanden habe. Und doch ist “Hello, Control” ein extrem gutes und vor allem überraschend zeitloses Album. Denn wenn man ehrlich ist, ist das Frühwerk von Brandston natürlich auch deshalb so unfassbar gut, weil es eben auch im Kontext der damaligen “Emo-Welle” dem Zeitgeist entsprach. Mit ihrem letzten Album schafften Brandtson es tatsächlich, ein im Indie-Kosmos gutes Album abzuliefern, dass 16 Jahre nach Veröffentlichung richtig gut zu hören ist und mich mit dem (für mich) damals enttäuschenden Ende einer meiner absoluten Lieblingsbands versöhnt.