Statt Altar, stand in der Passionskirche nur ein Flügel und vier Monitorboxen sowie zwei Mikros. Benjamin Gibbard, im Hauptberuf Frontmann von Death cab for cutie betrat mit Akustikgitarre die Bühne, sagte dezent “Hallo”. Die Gemeinde saß andächtig auf den Kirchenbänken. Die Empore war ebenfalls geöffnet worden für den brav gekleideten Musiker aus Seattle. Die Messe konnte beginnen. Während die Lesung mit Solosachen vom aktuellen Gibbard Album Former lives gefüllt wurde, setzten Songs von The postal service, Death cab for cutie oder All-time quarterback zur Predigt ein. Benjamin Gibbard präsentierte einen Rundumschlag aus seiner bisherigen Schaffenszeit.
25 Songs waren es am Ende und es hätten noch mehr sein können. Obwohl Gibbard alleine auf der “Bühne” stand, hatte man nicht das Gefühl, dass es hier auch aufgrund der kleinen Instrumentierung monoton werden könnte. Gibbards Stimme klingt so voluminös und klar wie wohl kaum eine andere. Shepard’s bush lullaby, der Opener seines regulären Debüt-Soloalbums, fungierte auch hier als Einsteiger – a capella – und ging in einem zu Such great heights über. Unter meinem Pullover stellten sich die Härchen auf. Die nächste Überraschung war, dass Gibbard auch Songs aus dem Doku-Soundtrack One fast move or I’m gone: Kerouac’s Big Sur, den er zusammen mit Jay Farrar aufnahm, live spielte. Was für eine Freude. Ich hatte Gibbards Songs lange nicht mehr gehört – klar sein Album lief mal hier und da. Aber vor allem die älteren Songs, waren seit einiger Zeit nicht mehr in Rotation. So wurden Erinnerungen wach und das Gefühl des satt seins verschwand und man war gierig nach weiteren bezaubernden Melodien, nach Gibbards Stimme, der alles so leicht und blumig zu erzählen schien. Title and registration oder The sound of settling… puh, das ging schon runter wie Öl. Cath…, Grapevine fires auf der anderen Seite. Die Death cab for cutie songs funktionierten in ihren abgespeckten Versionen nur mit Akustikgitarre zauberhaft. Zu You can do better than me wechselte Gibbard zum ersten Mal an den Flügel und fabrizierte vor allem mit Duncan, where have you gone? und dem Death cab Song Unobstructed views zwei magische Highlights. Besonders bei letzterem durchstießen die Töne des Flügels deine Bauchdecke und es dröhnte in dir, während GibbardsStimme dich zum schweben brachte. Es kamen noch so einige schöne Momente. Teardrop windows als bekanntester Solosong zum Beispiel, You remind me of home von seiner Split EP mit Andrew Kinney, The district sleeps alone tonightoder Something’s rattling (Cowpoke), welches ein abruptes Ende fand, durch eine irgendwo in der Kirche umgestoßene Flasche. Auch das gehört dazu. Das hin und wieder mal was klimpert. Ganz vermeiden lässt es sich nicht. Sagen wir es mal so: Jeder war bemüht.
Nach cirka eineinviertel Stunde verließ Gibbard die “Bühne”. Die Zugabe ließ nicht lange auf sich warten und startete mit dem Death cab Song Passenger seat. Hardcore-Fans durften sich über den All-time quarterback Song Cleveland gefreut haben, Gibbards musikalisches Zuhause bevor es Death cab for cutie gab bzw. aus dem Death cab for cutie entstand. I will follow you into the dark machte den Schluss, obwohl der Applaus nach diesem Song so groß war, dass Gibbard auch nochmal hätte kommen können. Ich war überrascht, wie leichtfüßig und klar die Songs dargeboten worden. Die Passionskirche bot hinsichtlich der Akustik natürlich ein gutes zu Hause. Jedoch fehlt mir persönlich bei solchen Konzerten der gewisse Gemütlichkeitsfaktor. So gibt es gewisse Vorteile (Kein Gedränge, kein Gequatsche, keine Betrunkenen), aber auch Nachteile (kühle Atmossphäre, Zurückhaltung, Respekt vor dem Ort). Gibbard nahm den Zuschauern etwas von den Nachteilen und es wurde von Song zu Song wärmer in Berlin Kreuzberg und somit ein runder schöner Abend.
Setlist:
Shepard’s bush lullaby
Such great heights +
Oh, woe
These roads don’t move #
Title and registration *
Dream song
Cath… *
Where our destination lies ±
Grapevine fires *
Lady Adelaide
Something’s rattling (Cowpoke)
One fast move or I’m gone #
You can do better than me *
Duncan, where have you gone?
Unobstructed views *
Soul meets body *
Everything flows &
Teardrop windows
The sound of settling *
You remind me of home
The district sleeps alone tonight +
———————————–
Passenger seat *
A hard one to know
Cleveland $
I will follow you into the dark *
* original by Death cab for cutie
+ original by The postal service
$ original by All-time quarterback
± from Arthur (Original Motion Picture Soundtrack)
& original by Teenage Fanclub