belitzki.
Jetzt
Self Released
VÖ: 02.08.2019
Spinnen im Schlagzeug, Heu und Erde an den Verstärkern, Stromschläge aus Mikrofonen und Bremsenbisse… Für die Kölner Band belitzki. spielt das keine Rolle. Wenn der Anlass es verlangt, spielen sie bei kleinen Guerilla-Festivals und Straßenkonzerten ebenso gerne, wie während der Räumung der Hambacher Wald-Besetzung im Herbst 2018. Man merkt, hier hat eine Band etwas zu sagen. Und wo sie das ihrem Publikum vor den Kopf wirft, ist belitzki. wahrscheinlich ziemlich egal.
Die Attitüde der Band ist geprägt vom Idealismus und das ist gut und wichtig. Dazu passt auch, dass die Musikerinnen und Musiker ihr Debütalbum in Eigenregie veröffentlichen und die CDs auf Konzerten gegen Spende verkaufen. Soll halt jeder das geben, was er geben kann – Recht so! Musikalisch ist das Ganze jedoch schwer in Worte zu fassen. Denn das eine Band wie belitzki. auch einen Dreck auf Schubladendenken gibt, kann man sich vorstellen. So werden dann konsequenterweise die Musikstile fleißig durcheinander gewürfelt. Hier wird wild nach vorne gerockt, dort sich in Popstrukturen verfangen. Abwechslungsreich ist das schon.
Das funktioniert musikalisch in der Tat ganz gut, auch wenn nicht jeder Song ein Volltreffer ist. Aber man merkt, dass sich hier eine Band als Gemeinschaft gefunden hat, die als gemeinsame Eckpunkte Gundermann oder Ton, Steine Scherben ausgemacht haben. “China Express Panda“ hat darüber hinaus eine ordentliche Portion Wut im Bauch, die es eben manchmal braucht, um das Anliegen des Songs rüberzubringen.
Denn textlich stehen Geschichten im Vordergrund, die von Aufbruchsstimmung, dem Wunsch nach einer solidarischen Gesellschaft, aber auch Zerbrechen und Wahnsinn handeln. Der Opener “§58“, benannt nach dem gleichnamigen Paragraphen im Aufenthaltsgesetz, richtet sich gegen die Abschiebung von Geflüchteten. Und der Text zu “Dienstag morgens auf’m Amt“ ist laut Eigenaussage der Band ebenda entstanden – angewidert von der Bürokratiemühle und mangelnder Menschlichkeit. Man kennt das ja. So eine Band entsteht nicht beim Schirmchendrink in der Wohlfühloase.
“Jetzt“ ein ambitioniertes und gutes Debütalbum, dass den Hörer sowohl musikalisch als auch inhaltlich fordert. Das ist auf der einen Seite natürlich gut und wichtig, auf der anderen Seite nicht ganz unanstrengend. Aber ein At The Drive-In Album (nur, um ein Beispiel aus einem anderen Genre zu nennen) konnte ich mir bis heute auch nicht an einem Stück anhören.