Bad Religion
Age Of Unreason
Epitaph Records
VÖ: 03.05.2019
Meine Frau sagt ja immer, dass sich Bad Religion-Songs für sie alle gleich anhören. Das ist übrigens eine Aussage, die man schon seit 30 Jahren immer wieder hört. “Bad Religion haben doch nur zwei Songs – den schnellen und den langsamen.” Ja, lustig. Wenn man sich mit der Band aber etwas intensiver beschäftigt, kann man sehr wohl Unterschiede zwischen den Songs, ja sogar den Alben hören, auch wenn sich der Sound von Bad Religion natürlich gefühlt seit 1988 (“Suffer”) nicht großartig verändert hat. Natürlich bleiben Bad Religion auf “Age Of Unreason” unverkennbar eins – Bad Religion.
17 Alben haben die Jungs um Sänger Greg Graffin nun schon veröffentlicht. Nach dem 1994er-Werk “Stranger Than Fiction” war jedoch einiges dabei, das mich nicht wirklich überzeugt, ja stellenweise sogar enttäuscht hat. 2013 veröffentlichten Bad Religion dann mit “True North” ein wirklich gutes Album. Hätte man der Band nach all den durchwachsenen Platten so gar nicht mehr zugetraut. Auch die dazugehörigen Konzerte waren übrigens toll und so konnte man mit seinen Jugendhelden stilvoll altern.
Dass Bad Religion gerade zu Zeiten von Donald Trump in Rente gehen würden, durfte ja bereits in der Wahlnacht bezweifelt werden. Schließlich ist es eine der wenigen Bands, die auch jetzt, wo die amerikanische Gesellschaft tief gespalten ist, sehr konkret Stellung bezieht. Man würde sich wünschen, mehr Bands dieser Größe würden so eine klare Position einnehmen. Bad Religion waren eben schon immer etwas smarter als viele ihrer Kollegen. Und so ist “Age Of Unreason” auch eine Abrechnung mit der Gesellschaft an sich und nicht nur mit dem Irren im Weißen Haus. “The Approach“ ist der folgerichtige Abgesang auf die Demokratie, wie wir sie kennen: “There’s a moral and intellectual vacuum / And you’re right to be lookin’ askance / Philosophically moribund / Revolution hasn’t a chance.” Vielleicht doch mal Netflix ausmachen und raus auf die Straße? Sind ja bald wieder Wahlen. Man könnte ja damit anfangen.
Musikalisch erfinden sich Bad Religion natürlich auch auf ihrem 17. Studioalbum nicht neu. Ein Stampfer wie “Big Black Dog” wäre früher sicherlich durch die Qualitätskontrolle gefallen. Heute ist er ein echter Hingucker, da er schön angepisst um die Ecke kommt und für Abwechslung sorgt. “Since Now” besticht durch die gewohnt grandiosen Chöre und bleibt direkt in den Hörgängen kleben. “Lose Your Head” ist im Gegenzug fast schon zu poppig, wobei ich den “langsamen” Song auch immer super fand.
Am Ende ist “Age Of Unreason” ein wichtiges Album, das man allein aufgrund seiner textlichen Tiefe jedem punkrock-affinen Menschen empfehlen kann. Dass Bad Religion nach fast 40 Jahren zudem in der Lage sind, solch tolle Songs zu schreiben, freut mich sehr. Diese Ungezwungenheit gepaart mit einem ausgestreckten Mittelfinger kommt mir dieser Tage eh viel zu kurz.